Kleine und große Überraschungen Joseph Haydn hat 104 Sinfonien komponiert. Das Schöne ist: Jede von ihnen – und nicht nur die oft gespielten letzten 15 – enthält mindestens eine Überraschung. In der Sinfonie Nr. 6 ist es neben ein paar überraschenden Auftritten der Flöte ein Kontrabass-Solo im Trio des dritten Satzes. Und dann geben auch noch eine Viola und ein Cello ihren Kommentar dazu. Das Münchener Kammerorchester interpretierte diese Musik unter seinem Drittel-Chefdirigenten Bas Wiegers im besten Sinn kammermusikalisch: sehr frisch, bläserbetont und mit gebremstem Streichervibrato. Was wünschen lässt, dass ein paar unbekanntere aus den 103 anderen Symphonien demnächst im Prinzregententheater auftauchen. Einige Überraschungen gab es auch im Bratschenkonzert „No Templates“ von Dieter Ammann. Dieses Solo-Instrument bleibt ein schwieriger Fall, weil ihm die Brillanz der Violine ebenso abgeht wie die sonore Edel-Melancholie des Cellos. Ammann rettet sich im ersten Teil in furios gute Laune, die das Jazzige streift und die dem Instrument eigentlich nicht gegeben ist. Und selbst wenn die Bratsche Teil des Orchesters wird, erweckt der Solist Nils Mönkemeyer den Eindruck, er wäre der Treibende und nicht der Getriebene. Auf eine eher ruhige Passage folgt wieder heftige Motorik, dann scheint das Stück mit einer klagenden Solo-Kadenz zu enden. Aber auf diesen Tod folgt eine etwas konventionelle Verklärung in hoher Lage, bei der man sich fragt, ob Streicher-Flageoletts wirklich noch mit sehr ähnlich klingenden gestrichenen Zymblen verdoppelt werden müssen und ob das nicht doch eine jener Schablonen ist, die der Titel des Konzerts eigentlich von sich weist. Aber diese überbordende Instrumentierung ist ein Charakteristikum des 63-jährigen Schweizers. Das Konzert ist knapp gehalten, schwer vorhersehbar und durch harte Schläge des Orchesters formal klar gegliedert. Die bei Streicher-Konzerten offenbar unvermeidlichen Figurationen dienen hier dazu, dem eher behäbigen SoloInstrument eine gewisse Leichtigkeit zu geben. Und auch sonst sind viele Charakter-Nuancen zu hören, was man der Bratsche kaum zutraut. Und das ist mehr, als man von den meisten neueren Solo-Konzerten sagenkann. Die Rolle des Bewährten und moderat Unüberraschenden vertrat an diesem Abend nach der Pause die Sinfonie Nr. 3 von Charles Ives: eine ungewohnte Rolle für dieses aus geistlichen Hymnen der USA collagierte Werk, das auf dissonante und räumliche Schichtungen weitgehend verzichtet. Weil die mit diesem Konzert eröffnete Saison aber mit dem Titel „Wonderland“ überschrieben ist, sind in den folgenden Konzerten weitere Überraschungen zu erwarten. Robert Braunmüller Am 20. November dirigiert Enrico Onofri im Prinzregententheater Werke von Rameau, Unsuk Chin und Mozart. Infos unter www.m-k-o.eu Das Münchener Kammerorchester mit Werken von Haydn, Ammann und Ives im Prinzregententheater Dieter Ammann (li.) mit Nils Mönkemeyer bei einer Probe. Foto: Florian Ganslmeier Neues Leben in der noblen Bude Manchmal gibt es auch was zu sehen, wenn der Vorhang sich nicht öffnet. Jedenfalls ist das so auf den irisierenden Gemälden der jungen britischen Künstlerin Louise Giovanelli (geboren 1993). In ihren Großformaten blickt man zwar auf stets geschlossene Vorhänge – aber die sind, mal samtig schwer, mal glitzernd, immer eine Schau und verweisen zugleich auf verborgene Inhalte. Ihre wohlgesetzte Ausstellung „A Song of Ascents“ ist nun im Alten Atelier und den einstigen privaten Wohnräumen von Franz und Mary von Stuck zu sehen. Im Museum Villa Stuck heißt es nach 18 Monaten sanierungsbedingter Schließung allerdings: Vorhang auf! Das prunkvolle Jugendstil-Domizil und der Atelieranbau, die sich der Müllersohn aus Niederbayern, der in München zum Malerfürsten aufstieg, ab 1897 am Isarhochufer an der Prinzregentenstraße errichten ließ, sind ab heute wieder fürs Publikum eröffnet. Die Baukosten von 13,5 Millionen Euro, die die Stadt hier investiert hat, flossen vor allem in die Erneuerung der Sicherheits- und Klimatechnik sowie des Brandschutzes. Seit der letzten umfassenden Sanierung und Erweiterung von 2004 durch das Büro des Ende Juli verstorbenen Architekten Uwe Kiessler haben sich die technischen Anforderungen an ein Museum verändert. Aber auch die ergrauten und teilweise abblätternden Fassaden sowie die historische Bauplastik wurden restauriert. Außerdem wurde ein barrierefreier Zugang von der Ismaninger Straße geschaffen. Im Inneren ist einerseits der Garderobenbereich im Souterrain geräumiger worden. Und vor allem wurden die historischen Räume überarbeitet und werden nun mit neuer Hängung präsentiert. Meisterwerke wie der „Wächter des Paradieses“ oder „Dissonanz“ sind hier wieder zu sehen, darüber hinaus findet man etwa das neu erworbene „Porträt einer Mainzerin/Frau Fränkel“ (um 1914) im Boudoir und das Bildnis der Kunsthändlers-Gattin Bettina Heinemann vor smaragdgrünem Vorhang (1912/13). Aber auch Stucks symbolistische Landschaften wie der „Abendstern“ (1912) oder die winzige Ölskizze des „Sonnenuntergangs am Meer“ (1910) lohnen die erneute Betrachtung, letztere betört in seiner pastosen Farbigkeit. Im Musiksalon wiederum ergänzen nun wie zu Stucks Zeiten wieder zinnoberrote Seidenvorhänge den tiefblauen Sternenhimmel an der Decke, und den Tisch im Salon ziert eine geklöppelte Tischdecke, die Mary von Stuck 1910 ihrem Vater schenkte. Aber nicht nur der einstige Hausherr darf sich in neuem Glanz sonnen. Louise Giovanellis opulente Gemälde-Installation „Stoa“ entfaltet im Alten Atelier eindrucksvoll Wirkung, fast könnte man meinen, auch der grüne Vorhang hinter Stucks Heinemann-Porträt stammt von dessen junger Malerkollegin. Als Motive dienten Giovanelli allerdings die Bühnen der Working Men’s Clubs, Einrichtungen für der britischen Arbeiterklasse. Ihre verschwommenen Kuss-Szenen („Harmony“) passen indes fast zu gut in die einstigen Schlafund Badezimmer des Ehepaars Stuck. Im gesamten Neuen Atelier nebenan dürfen sich die „Chicks on Speed“ austoben. Das feministisch-queere Performanceund Musik-Kollektiv gründete sich 1995 um Alex Murray-Leslie, Melissa E. Logan und Kiki Moorse an der Münchner Kunstakademie, die es mit der „Seppi Bar“ aufmischte. Jetzt bringen die Chicks unter dem Titel „Utopia“ in Bewegtbild, Sound und jeder Menge Kostümen neues Leben in Stucks noble Bude. Ob zu zweit im Doppelbett oder zu zehnt auf der Kellerbühne, bei der Truppe in der Tradition von Dada und Fluxus ist das Private stets politisch. Hier kann man sich zwischen kunstvollen Chick-Heels und psychedelischen Stream-Projektionen zurückbeamen lassen in die neonbunte und von Synthie-Akkorden gepeitschte Stimmung vor der Jahrtausendwende. Eine Ära, die heute fast ferner scheint als Deutscher Herbst und Kalter Krieg. Roberta De Righi Museum Villa Stuck, Di - So 11 bis 18, Mi bis 20 Uhr; morgen (Sonntag, 19.10.) und Sonntag, 29.10. Eintritt frei; jeden ersten Freitag im Monat 11 bis 22 Uhr, ebenfalls Eintritt frei Vorhang auf für Franz und Mary: Nach 18 Monaten öffnet heute das Museum Villa Stuck mit mehreren Ausstellungen wieder fürs Publikum Das feministisch-queere Performance- und Musik-Kollektiv „Chicks on Speed“ darf sich in der Villa Stuck austoben. Foto: Wolf-Dieter Grabner Ein Blick in die historischen Räume. Foto: Jan Aververser Louise Giovanellis Vorhang-Gemälde im Alten Atelier. Foto: Th. Splett KULTUR Robin Ticciati dirigiert eine „Dramatische Symphonie“ SEITE30 29 KULTUR ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. 10. 2025 WWW.ABENDZEITUNG.DE TELEFON089 23 77-3100 E-MAIL KULTUR@ABENDZEITUNG.DE Friedrich Ani „Schlupfwinkel“: sein persönlichstes Buch SEITE32
30 ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. 10. 2025 WWW.ABENDZEITUNG.DE KULTUR Aus Mosaiksteinchen wird ein Ganzes Was ist das für ein Stück? Nach einem lebhaften Orchestervorspiel tritt der Chor auf und unterrichtet in einem langen Rezitativ über die Handlung. Dann singt ein Mezzosopran, als ob er alle Zeit der Welt hätte, in gleich zwei Strophen von der Liebe. Ein Tenor erscheint und malt das Bild einer Feenkönigin. Darauf wieder ganz viel Chor. Beiden Solisten begegnet man nicht mehr wieder, dafür kommt am Schluss ein Bariton und fasst mit einem ausführlichen Gesang die Geschehnisse zusammen. Schwer zu erraten? Zumindest würde man wohl kaum darauf kommen, dass es sich bei allen diesen Beschreibungen um ein Drama handelt. Und doch: Es ist die berühmteste Liebesgeschichte der Welt, die hier geschildert wird, die von Romeo und Julia, nur eben komponiert von Hector Berlioz, der sich mit seiner gleichnamigen abendfüllenden „Dramatischen Symphonie“ bewusst zwischen alle Stühle setzte. Leider kam ihm über diese Kühnheit, so faszinierend dieses Werk auch im Einzelnen ist, sowohl die symphonische als auch die dramatische Sogwirkung abhanden. Entsprechend selten wird der Gattungszwitter auch gespielt. Da ist es schon bemerkenswert, wie behände Robin Ticciati sich zwischen den Fallstricken der vertrackten Partitur bewegt. Zwar kann es auch ihm nicht gelingen, einen Bogen über die in sich heterogenen Episoden zu spannen, doch wenn die Musik sich einmal zuspitzt, entfacht er mit dem hellwachen Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks theatralisches Feuer. Ticciati kann auch ein maßvolles Tempo halten, ohne zu laufen oder zu schleppen zu beginnen, was den Chorpassagen gut tut. Der Chor des Bayerischen Rundfunks (Einstudierung: Peter Dijkstra) deklamiert in einer solchen ruhigen Klangschönheit, dass auch lange einstimmige oder akkordisch einfache Abschnitte nicht langweilen, weil man sich hörend auf das literarische Moment konzentrieren kann: Man bekommt gleichsam von einer Art kollektiver Überstimme aus einem Buch der Weltliteratur vorgelesen. Auch Julie Boulianne kann den Raum, den ihr zeitlich ausgreifendes Lied mit Harfe eröffnet, mit ihrem balsamisch dunklen Mezzosopran ausfüllen, und der sensationell tiefenstarke Bass William Thomas verfügt als Pater Lorenzo über die stimmlich getragene Autorität, um das an vielen Stellen offenbleibende Drama abzurunden. Für das leichtfüßige Scherzo der Feenkönigin Mab ist der Tenor Valentin Thill fast schon zu heldisch. Zu den Solisten, wenngleich einer eigenen Art, muss man in dieser Aufführung auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zählen. Zusammen mit Robin Ticciati geht man auf die Suche nach den Instrumentationskünsten des Komponisten. In der Liebesszene setzen sich die einzelnen Streichergruppen zu einem atmenden Körper zusammen, in den imposanten Blechbläserrezitativen wird die Tuba in höchste Höhen getrieben, und es ist schon phänomenal, in welchem immateriellen, vierfachen Piano die Klarinette ihre Klagetöne in die tiefe Einsamkeit der Isarphilharmonie hineinzaubert. Derart leuchtend aufpoliert, ergeben die vielen, vielen Mosaiksteinchen am Ende vielleicht doch ein Ganzes. Michael Bastian Weiß Nachzuhören auf br-klassik.de und brso.de „Romeo et Juliette“ von Hector Berlioz mit dem BR-Symphonieorchester in der Isarphilharmonie Der Dirigent Robin Ticciati. Foto: Severin Vogl Wenn ein ganzes Viertel feiert Die Idee ist einfach packend: Für 7,50 Euro einen Abend lang so viele Livebands zu verfolgen, wie man möchte. Seit 2010 veranstaltet Nikola Strnad von Bang Bang! Concerts die Neuhauser Musiknacht, die ein ganzes Viertel zusammenbringt. Vom kleinen Café über die örtliche Stadtbibliothek, die etablierte Konzerthalle und den beliebten Jugendtreff bis hin zur traditionellen Stammkneipe beteiligen sich in diesem Jahr 41 unterschiedliche Spielstätten an der Münchner Kult-Musiknacht. An jedem Ort gastiert eine andere Band, insgesamt nehmen heuer rund 49 Bands mit rund 220 Musikerinnen und Musikern teil. Für das Publikum bedeutet das eine Auswahl quer durch alle Stilrichtungen von Jazz, Swing, Blues und Pop über Indie, Punk und Latin bis hin zu den guten alten Rock Classics - auch dieses Mal kommen hauptsächlich lokale Bands zumZug. Mit dem Eröffnungskonzert auf dem Rotkreuzplatz um 19 Uhr beginnt die Neuhauser Musiknacht. Ab 20 Uhr tritt in jeder Spielstätte eine andere Band auf: Und in den Setpausen können die Besucherinnen und Besucher zur nächsten Bands wechseln, denn alle Spielstätten sind leicht zu Fuß zu erreichen. Auf diese Art können auch Viertelneulinge ungezwungen den Reiz des Neuhauser Nachtlebens und zumindest einen Teil der Bars und Restaurants zwischen Donnersberger Brücke, Hirschgarten und Olympia Park kennenlernen, bis zum mitternächtlichen Abschlusskonzert im Kultur im Trafo. 25. Oktober, 19 Uhr Eröffnung auf dem Rotkreuzplatz; 7,50 Euro für ein Eintrittsbändchen für alle Lokalitäten (München Ticket) Am 25. Oktober gibt es wieder die Neuhauser Musiknacht, die für einen Abend ein ganzes Viertel klingen lässt Ein Foto mit dem Publikum: Die Band Los Sopranos im Sappralott bei der Neuhauser Musiknacht 2023. Foto: Christian Vogel KULTUR kompakt Neues Museum Berlin Modern für 2029 BERLINDas neue Museum für Kunstwerke aus dem 20. Jahrhundert wird nach jetziger Planung 2029 fertiggestellt, teilte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit. Das Berlin Modern entsteht beim Potsdamer Platzes. Rund sechs Jahre nach dem ersten Spatenstich wurde am Freitag Richtfest gefeiert. Die Gesamtkosten werden mit 507 Millionen Euro prognostiziert. In einem Bericht war zuletzt noch von rund 526,5 Millionen Euro ausgegangen worden. Anfangs war allerdings mit etwa 200 Millionen Euro kalkuliert worden. Gebaut wird das Museum nach Plänen des Architekturbüros Herzog & de Meuron, das auch die Hamburger Elbphilharmonie gestaltet hatte. Es entsteht auf dem Kulturforum neben der ikonischen Neuen Nationalgalerie von Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969). Weil dort nicht genug Platz ist, um mehr von der Kunstsammlung zu zeigen, ist das Museum geplant. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sprach von einem der „spektakulärsten Bauwerke der europäischen Kulturlandschaft“. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mit Klaus Biesenbach (li.) von der Neuen Nationalgalerie und Marion Ackermann, Präsidentin Preußischer Kulturbesitz. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von unserer lieben Mutter, Schwiegermutter, Oma und Uroma Frau Ernestine Meyer * 24. 1. 1930 † 22. 9. 2025 In stiller Trauer: Monika Weichert Brigitte Stahl mit Familie Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung am Dienstag, 21. Oktober 2025, um 10.30 Uhr im Friedhof am Perlacher Forst. Thomas Schmid Trauerdienste Schmid BESTATTUNG · VORSORGE · TRAUERBEGLEITUNG Ihr persönlicher Bestattungsdienst Alexander Schmid, Geprüfter Bestatter 089/68 30 68 info@trauerdienste-schmid.de Tausende erreichen – ein Inserat in Ihrer Abendzeitung macht es möglich. Traueranzeigen in der ABENDZEITUNG Wenn Sie die schmerzliche Pflicht haben, über den Tod eines lieben, nahestehenden Menschen zu informieren, dann hilft Ihnen eine Traueranzeige in der ABENDZEITUNG. Beratung: ✆089/2377-3300
Isabelle Faust Mendelssohn Bartholdy Violinkonzert e-moll SchumannFantasie C-Dur Schubert Symphonie Nr. 7 „Unvollendete“ WDR Sinfonieorchester Andrew Manze, Leitung SO 7.12.25, 16 Uhr Isarphilharmonie Antoine Tamestit Werke vonTelemann, Bach, Mendelssohn Bartholdyu. a. Kammerorchester des BR Symphonieorchesters Radoslaw Szulc, Leitung SO 30.11.25, 11 Uhr Prinzregententheater Teodor Currentzis „Der Ring ohne Worte“ Symphonische Auszüge aus Richard Wagners Opern „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ Utopia Orchestra MI 5.11.25, 20 Uhr, Isarphilharmonie Georgijs Osokins „ForArvo“ Werke von Arvo Pärt zum 90. Geburtstag des estnischen Komponisten DO 20.11.25, 20 Uhr Allerheiligen-Hofkirche 25./26.12.25, Isarphilharmonie Miroslav Nemec& Udo Wachtveitl Sagas Streichquintett 16.-21.12.25, Carl-Orff-Saal (Fat Cat / Alter Gasteig) Mäusekönig und Zuckerfee, Kaffee,Tee und Schokolade – sie alle sind dabei und Teil der vertrauten Handlung … Peter I. Tschaikowsky Der Nussknacker International Festival Ballet SCHWANENSEE Peter I. Tschaikowsky 19.-28.12.25&5.-8.1.26 PRINZREGENTENTHEATER International Festival Ballet Mit 48 Schwänen Dergrößte Schwanensee aller Zeiten! Abel Selaocoe Grenzenlos zwischen Zeiten, Stilen und Genres: Musik von Bach wird Improvisationen, Gesang und Body Percussion gegenüber gestellt SO 9.11.25, 20 Uhr Prinzregententheater Schottische Brahms Violinkonzert D-Dur Mendelssohn Bartholdy Symphonie Nr. 3 „Schottische“ Münchner Symphoniker Clarissa Bevilacqua,Violine Steven Sloane, Leitung DI 18.11.25, 19.30 Uhr Isarphilharmonie Alexander Malofeev BeethovenKlavierkonzert Nr. 5 BeethovenSymphonie Nr. 7 Wiener Symphoniker | Petr Popelka, Leitung DO 13.11.25 19.30Uhr Isarphilharmonie Opern auf Bayrisch mit Gerd Anthoff, Conny Glogger & Helmut Schleich SO 9.11.25, 11 Uhr Prinzregententheater SO 26.10.25, 15.30 Uhr, Prinzregententheater Jüdisches Neujahrskonzert 5786 Jewish Chamber Orchestra Munich Netanel Hershtik, Kantor Yaakov Lemmer, Kantor Daniel Grossmann, Leitung Tschaikowskys Vierte Mozart Klavierkonzert Nr. 22 TschaikowskySymphonie Nr. 4 Münchner Symphoniker Julius Asal, Klavier | Dmitri Jurowski, Leitung SO 26.10.25, 15.30 Uhr Isarphilharmonie Veronika Eberle Werke vonRavel, Karl Amadeus Hartmann, Mahler &Ravel Kammerorchester des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Radoslaw Szulc, Leitung SO 26.10.25, 11 Uhr Prinzregententheater Khatia Buniatishvili Klavierabend WerkevonChopin, Bach, Tschaikowsky, Mozart undLiszt MO 1.12.25, 20 Uhr, Isarphilharmonie FR 28.11.25, 20 Uhr Isarphilharmonie Carmina Burana & Moldau Smetana„Die Moldau“ aus „Mein Vaterland“ Borodin„Polowetzer Tänze“ | Orff„Carmina Burana“ Münchener Bach-Chor | Münchner Knabenchor Münchner Symphoniker | Johanna Soller, Leitung Raphaela Gromes & Judith Rakers „Fortissima!“ Julian Riem, Klavier Die Cellistin Raphaela Gromes präsentiert Werke von vergessenen Komponistinnen. Judith Rakers liest Auszüge aus dem gleichnamigen Buch „Fortissima“ von Raphaela Gromes. DI 25.11.25, 20 Uhr, Prinzregententheater Bach„Es erhub sich ein Streit“ Bach„Herr Jesu Christ, wahr’ Mensch und Gott“ Bach„Man singet mit Freuden vom Sieg“ BachKonzert D-Dur u. a. Freiburger Barockorchester Windsbacher Knabenchor | Ludwig Böhme, Leitung SO 2.11.25, 15 Uhr, Isarphilharmonie Eröffnungskonzert München Alice Sara Ott ErikSatieGnossienne Nr. 1, Gymnopédie Nr. 1 und Gnossienne Nr. 3 Ravel Konzert für Klavier und Orchester G-Dur Prokofjew„Romeo und Julia“ (Auszüge) Orchestre Philharmonique de Radio France Jaap van Zweden, Leitung DI 21.10.25, 19.30 Uhr Isarphilharmonie tickets 089 -93 60 93 muenchenmusik.de Tel. 089 / 98 29 28-0 (Mo.-Fr. 9-15.30 Uhr) konzert@hoertnagel.de | hoertnagel.de sowie bei München Ticket & VVK-Stellen Trio Jean-Yves Thibaudet, Lisa Batiashvili & Gautier Capuçon Freitag, 7. November 2025 20 Uhr, Herkulessaal Jean-Yves Thibaudet, Lisa Batiashvili & Gautier Capuçon Schostakowitsch Klaviertrio Nr. 1 c-moll op. 8 Debussy Klaviertrio G-Dur Dvorˇák Klaviertrio f-moll op. 65 Montag, 17. Nov. 2025 20 Uhr, Prinzregententheater Pavel Haas Quartet Dvorˇák Streichquartett Nr. 11 C-Dur op. 61 Dvorˇák Streichquartett Nr. 14 As-Dur op. 105 Sonntag, 21. Dez. 2025 15 Uhr, Isarphilharmonie Bach: Weihnachtsoratorium BachWeihnachtsoratorium BWV 248 – Kantaten I-III & VI Münchener Bach-Chor | Münchener Bach-Orchester Flore Van Meerssche Sopran Catriona Morison Mezzosopran Daniel Johannsen Tenor Johannes Kammler Bariton Johanna Soller Leitung Sheku Kanneh-Mason Saint-Saëns Cellokonzert Nr. 1 RachmaninowSymphonie Nr. 3 London Philharmonic Orchestra Edward Gardner, Leitung MI 3.12.25, 20 Uhr Isarphilharmonie Spielplatz der Virtuosität Ein Spielplatz also! Selten war eine thematische Verortung für eine Artistik-Show so passend und einleuchtend. Wo häufig mehr oder weniger verkrampft ein Rahmen für all die verschiedenen Einzelnummern gesucht wird, hatte Regisseur Robin Witt, der selbst auch Artist ist, eine eigentlich sehr naheliegende Idee: Seine Inszenierung „Alive“ ist auf einem Spielplatz angesiedelt, also einem Ort, wo immer verschiedene Charaktere und Talente aufeinandertreffen. Da zeigt jeder seine Tricks, da spornt der Blick der anderen zu Höchstleistungen an. Und weil auf einem Spielplatz selten einer allein ist, ist dieser Abend etwas geworden, das es nicht oft gibt in diesem Genre: ein echtes Ensemblestück. Zugegeben: Hie und da ziehen sich die atmosphärischen Einschübe, in denen alle zwischen den Spielgeräten, die Sebastian Drozdz auf der Bühne aufgebaut hat, chillen und spielen, ein wenig in die Länge. Aber dann entwickeln sich wieder so harmonisch die Einzelnummern aus den Ensembleszenen, dass die kleinen Durchhänger gerne verziehen sind. Und diese Nummern sind wirklich extraklasse. Darunter sind auch selten vertretene Disziplinen, die aber wie gemacht scheinen für diesen betont spielerischen Abend. So eröffnet Shu Takada den Abend mit einer faszinierenden Jojo-Jonglage. Ein leichter Abend beginnt zu schweben Er ist nicht der einzige hier, der mit seiner Kunst zur Weltspitze gehört: Sechs mal wurde er bereits Jojo-Weltmeister. Später wird Nikolai Shelamov wirklich unglaubliche Dinge auf der Slackline machen, wird vorwärts, rückwärts und seitwärts auf ihr springen, mal liegen, dann wieder sitzen oder stehen – und all das mit einer Leichtigkeit, die tatsächlich mehr an ein Kinderspiel denken lässt denn an knallhartes Training. Das Rollschuhakrobatik-Trio Skating Nistorov wird in schwindelig-schnellen Drehungen scheinbar die Schwerkraft aushebeln, das Duo Faludy wahnsinnige Schleudernummern auf dem Teeterboard vorführen. Ein Höhepunkt ist ohne Frage auch Sebastian Berger, der nicht nur völlig neue Techniken der Jonglage und Objektmanipulation entwickelt hat, sondern diese auch unglaublich witzig präsentiert. Er steigert sich in kurzen Nummern von „things everyone can do“ über „things only a few people in the world can do“ hin zu „things I can do“. Und wer an diesem Punkt glaubt, mehr ist nicht möglich in Sachen gleichzeitig zwei Stangen um die Arme kreisen zu lassen und gleichzeitig mehrere Bälle bouncend zu jonglieren, der ahnt noch nichts von „things nobody can do“. Die probiert er natürlich dennoch aus: „Apparently I am nobody“, endet er schmunzelnd. Großartig ist auch Jeff Hess, Meister der Komik, der durch diesen Abend führt. Zwischen Spinning Pole mit Sarah Stachowicz, Washington Trapez mit Mia Ferreira, Hola Hoop mit Mila Roujilo und Handstand mit Christoph Muchsel düst er mit angedeutetem Motorrad durchs Publikum, verformt „wunderbar bescheuert“ sein Gesicht und verzaubert alle mit seinem Charme undWitz. Er verführt einen Zuschauer zu einer fantastischen Tischtennis-Pantomime ohne Tisch und Ball, teilt seinen Applaus gerne und bringt diesen ohnehin leichten Abend zum Schweben. Zumindest für die Dauer dieses Abends scheint das Leben tatsächlich ein Kinderspiel zu sein. Anne Fritsch „Alive“: GOP, Maximilianstraße, am Max II-Denkmal, bis 11. Januar, Karten: ☎089 /210 28 84 44, www.variete.de/muenchen Die Show „Alive“ im GOP Theater verbindet die Leichtigkeit eines Tags auf dem Spielplatz mit artistischer Virtuosität Mila Joujilo in „Alive“. Foto: Simon Bierwald Was sie schreibt, wird begeistert gelesen Während die Buchwelt gerade in Frankfurt feiert, feiern wir in Bayern eine Meisterin ihres Fachs“, zitiert eine Mitteilung Bayerns Kunstministerium Markus Blume. „Tanja Kinkels Romane brechen Rekorde und ziehen Millionen in ihren Bann“. Ihre Bücher eröffneten Welten – von der Gründung Roms bis zum Erwachen der deutschen Demokratie 1848, wie es ihr jüngster Roman „Im Wind der Freiheit“ eindrucksvoll zeige, heißt es weiter. Was sie schreibe, werde begeistert gelesen. „Mit dem Bayerischen Kunstpreis für Tanja Kinkel ehren wir literarisches Schaffen, das weit über Bayern hinaus wirkt“, so der Minister. Kinkel stammt aus Bamberg. Sie studierte Germanistik sowie Theater- und Kommunikationswissenschaften an der LudwigMaximilians-Universität München. Ihre Promotion verfasste sie über das Werk Lion Feuchtwangers. Stipendien führten sie unter anderem nach Rom, Los Angeles sowie an die Drehbuchwerkstatt München. Für ihr kulturelles Engagement wurde Tanja Kinkel bereits mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie zahlreiche Literaturpreise. Bis 2025 veröffentlichte sie 24 Romane, die weltweit über acht Millionen Mal verkauft wurden. Die 56-jährige Schriftstellerin erhält den mit 10.000 Euro dotierten Preis für ihr „Kreatives Schaffen“. Weitere Kategorien des neuen Preises sind Ausstellung, Stimme, Innovation, Programm, Kulturbotschafter, Performance und Besonderer Ort. Vergeben wird der Preis vom Kunstminister auf Vorschlag einer Jury. Hinzu kommt der undotierte Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten. Die weiteren Preisträger sind noch nicht bekannt. Verliehen wird die Ehrung am 18. November im Bergson Kunstkraftwerk München. Der Bayerische Rundfunk ist Medienpartner und zeigt die Veranstaltung ab 19 Uhr live im BR Channel in der ARD Mediathek. Die Veranstaltung wird zudem am 20. November 2025 im BR Fernsehen ausgestrahlt. Die Verleihung wird von der 3sat Kulturzeit-Moderatorin Vivian Perkovic präsentiert. AZ Die Beststeller-Autorin Tanja Kinkel erhält den Bayerischen Kunstpreis Die Schriftstellerin Tanja Kinkel. Foto: Daniel Karmann ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. 10. 2025 WWW.ABENDZEITUNG.DE 31 KULTUR
32 ABENDZEITUNG SAMSTAG/SONNTAG, 18./19. 10. 2025 WWW.ABENDZEITUNG.DE KULTUR Die rettende Welt der Bücher Er hat schon oft über Vater-Themen geschrieben, sich in seinem gegenwärtigen Werk jedoch deutlich wie nie zuvor auf sein eigenes Aufwachsen in Kochel und die damit verbundenen Personen bezogen. Sein neues Buch „Schlupfwinkel“ vereint, gewohnt meisterhaft und elegant, kindliche Sehnsucht und selbsterlernte Reife, entstanden aus einem Moment der Ratlosigkeit und Rührung, nachdem sein Vater vor gut zehn Jahren gestorben war und parallel das Kurzzeitgedächtnis seiner Mutter nachließ. Der Schriftsteller Friedrich Ani verspürte den Wunsch, seine damals aufkeimenden Gedanken unverschleiert zu notieren. Vergangenheitssplitter rasten durch sein Gedächtnis, er spürte das gewaltige innere Verlangen, einen liebevollen und versöhnlichen Text mit autobiografischen Bezügen zu schreiben. Diese damals entstandenen Zeilen sind heute in ihrer unveränderten Form der Beginn von „Schlupfwinkel“. Der Sohn darf bei der Hochzeit seiner Eltern nicht dabeisein Das Buch ist leichtfüßig, ruhig und versöhnlich, wie die Hauptfigur – im ersten Teil des Buches noch ein Bub. Der wird 1959 als Sohn einer selbstbewussten Schlesierin und eines verschlossenen Syrers mitten in ein oberbayerisches, von Bergen umzingeltes Dorf hineingeboren, das von Sommerfrischlern und heimischer Landwirtschaft lebt und aus irgendwelchen Gründen ein Goethe-Institut beherbergt. Die Ruhe des Ortes wird bald irritiert durch ein babylonisches Sprachengewirr von Sudetendeutschen, Schlesiern, Schwarzen, Hellhäutigen und Dunkelhäutigen, das einen einzigartigen Klang erzeugt, kosmisch eingebettet ins tägliche Glockengeläut der katholischen und evangelischen Kirchen, in die Aufmärsche der Blaskapellen und das Donnern der Gebirgsschützen. Die Mutter des Erzählers wird schwanger, ausgerechnet von dem einzigen Muslim weit und breit, der noch dazu in München Medizin studiert, weshalb er tagtäglich hin- und herpendelt, und somit für keinen so richtig zu fassen ist, auch nicht für dessen spätere Schwiegereltern, die in der Gastronomie tätig sind und erst spät erfahren, dass sie wohl bald Großeltern werden, weil sie ein Gast darauf hinweist, dass die Tochter neuerdings immer so weit geschnittene Kleider trage. Ein Credo der Familie ist das Schweigen. Auch das Verschweigen und die Verschwiegenheit. Freilich wird getratscht, auch hinter dem Rücken des werdenden Vaters, der zwar angehender Arzt ist, aber dennoch aufgrund seines arabischen Hintergrundes skeptisch betrachtet wird. Auch nach der Geburt dieses Sohnes wird nicht viel gesprochen. Schweigen und Ertragen. Der Knabe hat bis auf äußerst rare Glücksmomente mit den Großeltern kaum schöne Zeiten, er lacht nie, beschließt eines Tages, auch nicht mehr zu weinen. Er lernt, alles hinzunehmen: dass keine Umarmungen stattfinden. Dass man ihn am Tag der elterlichen Hochzeit, als er gerade mal 8 Jahre alt ist, in gebügelte Kleidung und blütenweiße Hemden steckt, er aber im Gegensatz zu seinen Cousins nicht bei der Zeremonie dabei sein darf. Dass die schlesische Großmutter wie ein Wasserfall in einer ihm völlig unbekannten Sprache redet. Denn der Bub selbst redet als Kind selbstverständlich bairisch. Der Bub rätselt, wie sich die Eltern eigentlich verständigen. Vermutlich gar nicht, weil untereinander nie eine Silbe zu viel gesagt wird, und wenn, dann laut und in einer unverständlichen Sprache. Daneben sitzt ein leises Kind, das die Stille verehrt. In einem sich schleichend anbahnenden Schlüsselmoment entdeckt er seine Leidenschaft für Lektüre und das eigene Schreiben und schafft damit neue Welten voller Wonne und Magie. Imzweiten Teil von „Schlupfwinkel“ schreibt ein tatsächlicher Autor in der dritten Person, einer, der vorher immer schön angezogen war und eigentlich nur das gemacht hat, was andere erwarten. Nun ist er gereift und hat seine Feigheit abgelegt. Auf Anraten seines Lektors überarbeite Ani das Manuskript, aber ohne nachzurecherchieren, Tagebucheinträge oder Notizen zu nutzen, oder jemanden aus der Vergangenheit auszuhorchen. Ani hat sein Inneres befragt und aufgezeichnet, was in ihm an Erinnerungen hochstieg. Hierbei entstand eine Hymne auf das Miteinander. Ein Loblied auf sein Dorf, das es geschafft hat, in den bayrischen Frühjahren der Bundesrepublik fremde Menschen zu integrieren. Seinerzeit mussten alle Familien schauen, dass sie ihr eigenes Leben auf die Reihe bekommen, hinzu kam das natürliche ländliche Misstrauen, das sich aber hier glücklicherweise nicht durchsetzen konnte. Sein Vater wurde ortsansässiger Landarzt und war rasch hoch angesehen. Noch heute wird Friedrich Ani in seiner ehemaligen Heimat angesprochen, ob er nicht der Sohn vom Doktor Ani sei. Die damaligen Dorfbewohner waren später aufgeschlossen und nahmen den syrischen Arzt als gern gesehenes Gemeindemitglied auf. Dies war möglicherweise auch ein paradoxes Phänomen, bei dem der vermeintliche „Exot“ durch seine gewinnende Art und gleichzeitig fremdländische Herkunft den Nimbus besonderer Kompetenz erhielt. Für den kleinen Friedrich Ani ist das Eintauchen in die Welt der Bücher eine ungeheure Befreiung, durchaus vergleichbar mit dem Erlernen eines Instrumentes. „Die Erwachsenen empfanden meine Liebe zu Büchern als irritierend bis störend, weil ich plötzlich etwas Eigenes hatte, und sie nicht mehr an mich rangekommen sind. Wenn wir nach Garmisch zum Einkaufen gefahren sind, beschwerte sich meine Mutter, dass ich schon wieder las und nicht aus dem Fenster schaute. Doch ich dachte mir: die depperten Berge kenn i scho. Aber was i da les, kenn i no ned.“ Das literarische Schaffen, das von den Erwachsenen, die spürten, dass sie hier einen Machtverlust erlitten, verächtlich gemacht wurde, war Anis neues Leben. Dennoch hatte seine Seele Schaden genommen, er aß wenig und trank über die Maßen viel Alkohol, wollte sich wegbeamen. Doch diese Phase endete, als er von einer Freundin erfuhr, dass an der Münchner Filmhochschule die „Drehbuchwerkstatt“ gegründet wurde. Er bewarb sich mit einem szenischen Text, wurde zum Vorgespräch eingeladen und angenommen, trotz über hundert Konkurrenten. Er nutzte die Chance und entwickelte mit lebenserfahrenen Autoren das erste Drehbuch namens „Federmann“, das einige Jahre später mit Christian Redl, Katja Bienert und Rolf Zacher verfilmt wurde. Darin geht es um einen Straßenbahnfahrer, der die Trennung von seiner Frau einfach nicht überwinden kann. Ein Junge läuft ihm vors Fahrzeug, wird aber zum Glück nur leicht verletzt. Dieses Kind erscheint dem Trambahnfahrer wie ein Engel und hilft ihm, seine Trauer zu überwinden. Der berühmte Franz Geiger meinte: „Des hast guad gmacht, aber verkaufen wirst des ned kenna.“ Es sollte anders kommen. Die Sterne waren auf Friedrich Anis Seite, sein Werk gedieh vortrefflich, bis heute schreibt er gefeierte Krimis, Bühnenstücke, Hörspiele, Gedichtbände, Jugendbücher, sowie Drehbücher. Erfreulich viele Preise und Ehrungen wurden ihm zuteil. Friedrich Ani wollte sich nicht inszenieren, sondern unverfälscht in seinem Zimmer der Gleiche sein wie draußen. Das hat er hervorragend hinbekommen: mal ein übermütiger Lausbub, dann wieder ein Melancholiker, der manchmal nicht weiterweiß, diese Stimmung aber auch nicht verbergen möchte. Vielleicht hat er aus diesem Grund „Schlupfwinkel“ geschrieben. Moses Wolff Friedrich Ani stellt „Schlupfwinkel“ (Suhrkamp, 128 Seiten, 18 Euro) am Mo, 20. Oktober, 19.30 Uhr, bei Literatur Moths (Rumfordstr. 48, ☎29161326) vor Friedrich Ani erzählt in seinem neuen Roman „Schlupfwinkel“ von seiner Kindheit und dem Aufwachsen in einem bayerischen Dorf Der Münchner Schriftsteller Friedrich Ani. Foto: Moses Wolff Ein unersetzlicher Rock-Soldat Wir sind tief erschüttert und untröstlich“, heißt es in einer Mitteilung seiner Familie. In seinen letzten Momenten hätten die Angehörigen ihm mit liebenden Worten zur Seite gestanden. Ace Frehley starb demnach in der Stadt Morristown im US-Staat New Jersey. Er Musiker wurde 74 Jahre alt. Seine Sprecherin Lori Lousararian teilte mit, dass Frehley jüngst in seinem Haus gestürzt sei. Die genaue Todesursache wurde zunächst nicht bekannt. Bandkollegen von Kiss würdigten den Verstorbenen als „wesentlichen und unersetzlichen Rock-Soldaten“ in den prägendsten Kapiteln der Band und ihrer Geschichte. „Er ist und wird immer ein Teil des Kiss-Erbes sein“, hieß es weiter. Die Rock-Band Kiss wurde 1973 in New York gegründet und machte mit wildem Makeup, spektakulären Kostümen und theatralischen Live-Shows Furore. Damals gehörten neben Lead-Gitarrist Frehley der Bassist und Sänger Gene Simmons, Sänger und Gitarrist Paul Stanley und Schlagzeuger Peter Criss dazu. Zu den größten KissHits zählen „I Was Made for Lovin’ You“, „Rock and Roll All Nite“ und „Black Diamond“. Frehley, mit dem Beinamen „Spaceman“, stand oft im silberfarbenen Kostüm und mit einem silbernen Stern-Makeup im Gesicht auf der Bühne. 2014 wurde Kiss in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Der gebürtige New Yorker Frehley verließ die Band 1982, um eine Solo-Karriere zu starten. 1996 war er bei der höchst erfolgreichen Reunion-Tour von Kiss aber wieder dabei. Zuletzt brachte Frehley 2024 das Rockalbum „10.000 Volts“ heraus. Bereits 1999 waren die KissMusiker mit einer Sternenplakette auf Hollywoods „Walk of Fame“ verewigt worden. Dort wurden am Donnerstag Blumen abgelegt. „Wir sind über den Verlust von Ace tief betrübt“, hieß es in einer Mitteilung der Plakettenverleiher, die ihn als „legendäres Talent“ würdigte. Der Ex-Kiss-Gitarrist Ace Frehley starb im Alter von 74 Jahren Ace Frehley, Lead-Gitarrist der Band Kiss mit einer Les Paul-Gitarre während eines Konzerts im Civic Center. Foto: dpa/Richard Drew
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