espresso August

Ausgabejahr 25 | 08 - 2025 Kostenlos zum Mitnehmen

3 Tracht trifft Trend silk & pearls feiert Modenschau-Premiere in Pfaffenhofen Bei ihrer ersten eigenen Modenschau in Pfaffenhofen zeigte das Label Silk & Pearls von Beate Holzmair, wie lebendig und wandelbar Tracht heute sein kann. Im Mittelpunkt der aktuellen Kollektion stehen heuer moderne Zweiteiler – Mieder und Rock, die sich kreativ kombinieren lassen: mal klassisch, mal lässig zu Jeans oder T-Shirt. Farblich ist für jeden etwas dabei: kräftige Ton-in-Ton-Looks in Pink und Gelb setzen Statements, während Oliv und Marine die elegante Linie bewahren. Ein echtes Highlight für die Herren gibt es auch: die Hopfenlederhose – ein Must-have für Trachtenliebhaber, bestickt mit filigranen Hopfendolden in verschiedensten Varianten. Seit März hat silk& pearls nun auch ein festes Zuhause mitten in Pfaffenhofen – mit einem liebevoll gestalteten Store am Hauptplatz, der zum Stöbern, Staunen und Anprobieren einlädt. silk & pearls Am Wiesenrain 5 | 85283 Wolnzach Tel.: 08442 - 968484 silk & pearls Hauptplatz 16 | 85276 Pfaffenhofen Tel.: 08441 - 7867121 www.silkandpearls.de Anzeige espresso Fotos: markuswachter.de

4 30 24 18 10 36 6 Foto: Sabine Kaczynski Foto: Matthias Schwark Foto: Sebastian Birkl Foto: Stefanie Herker Foto: Gery Liebchen

5 Liebe Leserinnen und Leser, Was ist eine Reise? Ein Ortswechsel? Ein Tapetenwechsel? Oder nicht viel mehr: ein Perspektivwechsel? In dieser Ausgabe nehmen wir Sie mit – nicht nur hinaus in die weite Welt, sondern auch hinein in Erinnerungen. Wir schauen etwas kritischer auf ein paar "blinde Passagiere" und werfen einen Blick über den Tellerrand hinaus: Wir erleben mit Gery ein Abenteuer in Algerien, wandern mit Matthias durch die Highlands Schottlands, streifen mit Sabine durch Frankreich und tanzen durch die Straßen Manchesters mit Oasis. Doch wir reisen auch in die Vergangenheit – zum Schloßfest in Neuburg, wo das Mittelalter zum Leben erwacht, und wir hören zu, was die älteste Bürgerin Pfaffenhofens, Maria Bäuml, uns zu erzählen hat. Wir erleben durch die 104-Jährige die Kriegszeit durch Augen, die sich an andere Werte klammern mussten. Ob in Wanderschuhen oder mit Zeitmaschine – diese Ausgabe ist eine Einladung: Reisen Sie mit uns. Durch Länder, Zeiten und Wirklichkeiten. Viel Vergnügen wünscht das Team von espresso. Ihre Stefanie Herker, Chefredakteurin SABINE KACZYNSKI FIORELLA FERRARA MEDIENBERATERIN MOBIL: 0176/64028713 fiorella.ferrara@espresso-mediengruppe.de EVELIN RAFFALT MEDIENBERATERIN 0841/ 9812401 - 40 / MOBIL: 0172/8533599 raffalt@espresso-mediengruppe.in SEBASTIAN BIRKL SONJA MELZER marketing teamespresso Stefanie Herker Foto: Thorsten Brieger / Hut: www.serenahats.de editorial "Möchtest du gleich ein Abenteuer erleben oder lieber erst Tee trinken?" Sir James Matthew Barrie (Schriftsteller; Zitat aus Peter Pan)

10 espresso a saubere G'schicht Neuburgs Reise in die Renaissance

7 espresso Alle zwei Jahre geschieht in Neuburg an der Donau etwas Magisches: Die Uhren drehen sich zurück - und rund um das Schloss verwandelt sich das Städtchen in ein prunkvolles Bühnenbild längst vergangener Zeiten. Fotos Sebastian Birkl

espresso 8 Wenn sich der Vorhang der Vergangenheit hebt, erwacht Neuburg zu neuem alten Leben. Alle zwei Jahre wird die Stadt zur prachtvollen Kulisse für das zweitgrößte Historienspektakel Süddeutschlands – das Schloßfest. Bürgerinnen und Bürger schlüpfen in seidenrauschende Gewänder, edle Damen flanieren über Kopfsteinpflaster, während mutige Landsknechte, Gaukler und Musikanten die Gassen mit Leben füllen. Ein Fest für die Sinne, wie es die Renaissance nicht schöner hätte feiern können. Der Geist einer der spannendsten Epochen unserer Zeit liegt in der Luft - der Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit. Auf dem historischen Jahrmarkt wird gefeilscht und gelacht, bei höfischer Musik getanzt und zu den Reiterspielen gejubelt. Der traditionsreiche Steckenreitertanz lebt hier ebenso auf wie die Gaukelei. Stimmungsvolle Renaissanceklänge in den Innenhöfen und auf den Plätzen der Stadt tun ihr Übriges. Über 2000 Mitwirkende erwecken die Renaissance in Neuburg zum Leben. Für Oberbürgermeister Bernhard Gmehling ist es ein Schloßfest mit besonderer Bedeutung – sein letztes in der Funktion als Stadtoberhaupt. Ein emotionaler MoEin Fest, das Herz und Zeit durchbricht

9 espresso Mehr Fotos ment, eingerahmt von jenem Geist der Gemeinschaft, der das Fest so einzigartig macht. Das Motto „Ein Fest von Bürgern für Bürger“ wird hier nicht nur verkündet, sondern spürbar gelebt. Neuburg feiert nicht einfach – es lebt seine Geschichte. Stilvoll, sinnlich, und mit einem charmanten Augenzwinkern. Jungpfalz vivat hoch! Bis 2027! Bernhard Gmeh l i ng

Fotos: Stefanie Herker MARIA BÄUML IST DIE ÄLTESTE PFAFFENHOFENERIN. EIN BESUCH. Maria Bäuml (104) mit ihrer Pflegerin Barbara (75) / Fotos: Stefanie Herker

11 espresso VON STEFANIE HERKER 104 Jahre. Eine Zahl an gelebten Jahren, so groß, dass sie kaum fassbar scheint. 104 Jahre, die ein ganzes Jahrhundert in sich tragen – mit Krieg und Frieden, Entbehrung und Fülle, Stille und Leben. Am 17. Januar 1921 wurde Maria Bäuml (geb. Würfl) in Giegenhausen bei Schweitenkirchen als viertes von sieben Kindern geboren. Hinein in eine Welt voller Leid, Tod und Armut. Es war kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Niemand hätte damals gedacht, dass dieses Mädchen einmal die älteste Frau Pfaffenhofens sein würde - in einem vor Leben blühenden Pfaffenhofen, indem sich die Menschen höchstens über einen fehlenden Parkplatz am Hauptplatz beschweren können. Ich treffe Maria Bäuml an einem warmen Sommertag in ihrem Zuhause. Wir hatten uns am Nachmittag zuvor telefonisch für 9.30 Uhr verabredet und so stehe ich an der kleinen Gartentür. Der Garten blüht – hellrote Rosen, pinke und lila Hortensien - eingerahmt von einem rustikalen Holzzaun. Drei Stufen führen zur Haustür, eine Dame öffnet mir. „Maria ist heute nicht ganz so fit”, sagt sie leise, „bitte nicht zu lange.“ Sie ist Maria Bäumls Pflegerin und führt mich durch die Diele in die Küche. Da sitzt sie: Maria Bäuml. Die älteste Pfaffenhofenerin ist schon ein bisschen so etwas wie ein Rockstar - bekannt, weit gereist, nicht durch die Welt, aber durch die Zeit. Blaugemustertes Strickshirt, weiße Weste, weißes Haar und wache blauen Augen. Daneben keine Gitarre, sondern ihr Rollator als ständiger Begleiter. Vor ihr kein Songtext, aber die Katholische Sonntagszeitung - auf einer weißen Blumentischdecke. Am Herd köchelt ein Topf mit Kartoffeln, frisch geschnittene Petersilie duftet durch den Raum. Ich überreiche ihr ein kleines Geschenk: das Bild eines Regenbogens mit einer Blume – gemalt von meiner Tochter und eingerahmt. „Die verwelkt wenigstens nicht”, sage ich, wir lachen und die beiden Damen freuen sich sichtlich. Marias Lachen ist still, warm, geerdet. Sie weiß in dem Moment noch gar nicht so genau, was ich eigentlich von ihr wissen möchte. „Erzählen Sie mir doch bitte von Ihrem Leben”, sage ich und sehe mich im Raum um, der von ihrem Leben erzählt. In der Vitrine hinter ihr hat sie Bilder ihrer verstorbenen Familienangehörigen aneinander gereiht. „Sie sind viel zu früh gestorben”, sagt sie über ihren Mann und ihre Brüder. Ein Kruzifix hängt an der Wand. „Früher war ich jeden Sonntag in der Kirche”, erzählt sie. „Jetzt nicht mehr.” „Zuletzt als sie 100 wurde”, ergänzt Pflegerin Barbara. „Als ich klein war, hatten wir nichts, aber zur Kirche durfte ich das schönste Sonntagsgewand tragen. Das war etwas besonderes“, erinnert sich Maria Bäuml. Damals, erzählt sie, war der Kirchgang ein Ereignis. Die Frauen trugen lange, dunkle Röcke, schwarze Wollstrümpfe, und selbstverständlich ein schwarzes Kopftuch – ein Zeichen der Ehrfurcht und des Gehorsams. Die Männer kamen in dunklen Anzügen, wenn sie einen besaßen. Kinder saßen still, mit gefalteten Händen und sauber frisierten Haaren in den Bänken. Heute sei sie sich nicht mehr sicher, ob es da wirklich etwas gibt, nach dem Tod. „Was meinen Sie?”, fragt sie mich – und wir philosophieren, für einen Moment, verbunden in etwas Größerem, wohl wissend, dass wir beide es nicht im Geringsten erfassen können. Maria Bäuml hat die Zeit nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg miterlebt. Jahrzehnte voller Armut. Ihr Vater kämpfte im Ersten Weltkrieg, war vier Jahre in französischer Kriegsgefangenschaft, danach Glück EINE ZEIT REISE

12 espresso kam sie zur Welt. Die Mutter musste während der Kriegsjahre alles alleine stemmen: den Hof, die Kinder, die Tiere. „Ja, es war eine furchtbar arme Zeit", erinnert sich die 104-Jährige, als könnte sie es noch alles durch ihre Kinderaugen sehen. „Ich hatte damals eine Puppe, die mir eine Bekannte aus München mitgebracht hat. Das war mein einziges Spielzeug.“ Pfaffenhofen war damals bäuerlich, streng katholisch, einfach. Das Wasser holte man vom Brunnen, das Klo war draußen, geheizt wurde mit Holz und Kohle. Es war eine Zeit der Bescheidenheit – aber auch des Zusammenhalts. „Jeder wusste, dass es keinem besser geht“, sagt Maria. „Man hat’s einfach getragen.“ Zusätzlich zur Armut kam der seelische Schmerz, denn die Lücken, die durch den Krieg in viele Familien gerissen wurden, waren groß. Barmittel, Gold und Silber opferten die Menschen im Rahmen der „Kriegsanleihe“ zur Finanzierung des Krieges, ohne jemals wieder etwas von dem Geld gesehen zu haben. Materiell standen die Menschen nach dem Ersten Weltkrieg - auch wenn dieser nicht auf deutschem Boden stattfand - vor dem Nichts und blickten in eine ungewisse Zukunft. Der Alltag war geprägt von harter Arbeit. Früh aufstehen, Tiere versorgen, aufs Feld, Heu einbringen, Kartoffeln ernten. „Zu essen gab es das, was der Hof hergab: Kartoffeln, wenig Fleisch, oft Mehlspeisen - weil es günstig war.“ An besonderen Tagen, wenn Besuch aus München kam, gab es Bananen und Orangen, exotisches Obst, was es in Pfaffenhofen sonst nicht gab. „Der Pfarrer sagte damals, Bananen wären nur etwas für Affen“, erzählt Maria mit einem Grinsen im Gesicht. Trotzdem war er einer der höchsten Respektspersonen. Genauso wie die Lehrer. Sie waren streng. Freizeit war ein Fremdwort. Chance auf eine Ausbildung hatten junge Frauen damals nicht. „Wenn ich noch einmal jung wäre? In der heutigen Zeit würde ich gerne eine gute Schule besuchen und eine Ausbildung machen wollen!“ Maria Bäuml war zwar nie politisch aktiv, engagierte sich aber im Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB), in dem war sie über 20 Jahre Vorstandsmitglied. Sie verfolgt das politische Geschehen und die Nachrichten regelmäßig. Die politischen Entwicklungen machen ihr Sorgen. Denn sie erinnert sich noch gut daran wie es war, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Das Klima im Land änderte sich zunächst schleichend, dann rasch. Im Pfaffenhofener Stadtbild wurde zwar nicht viel zerstört, nur einzelne Bomben fielen, doch die Stimmung in der Bevölkerung war angespannt, die Lazarette mit verwundeten Soldaten verströmten Leid und Familien trauerten um ihre gefallenen Söhne. Zwei ihrer vier Brüder kamen im Zweiten Weltkrieg um. Auch vor Ort in Pfaffenhofen durfte man sich nicht „fremdenfreundlich“ zeigen. Die Katholiken wurden vorsichtiger, die Priester schauten genau, was sie von der Kanzel predigten. Jüdische Familien verschwanden plötzlich. „Man hat’s gewusst“, sagt Maria. „Aber keiner hat laut gefragt.“ Die Angst war allgegenwärtig. „Mein Vater war gegen die Nazis“, das hat sie gemerkt. „Aber meine Mutter sagte: Sei still, du hast Familie. Sonst stecken sie dich nach Dachau.“ Die Angst war Mittel zum Zweck geworden. Viele Menschen waren unfreiwillig zu Mitläufern geworden, um in diesem grausamen System zu überleben - der Familie wegen. Im Zweiten Weltkrieg war Maria Bäuml bereits Mitte zwanzig. An eine Situation erinnert sie sich noch gut: „Wir haben uns in den Hopfengärten versteckt, wenn die Tiefflieger über Pfaffenhofen kamen. Ich hab noch das Surren der Sirenen im Ohr.“ Luftalarme wurden ab 1944 fast täglich ausgelöst und die Menschen pendelten zwischen Wohnräumen und Luftschutzkellern. Die Verlegung militärischer Einrichtungen nach Pfaffenhofen und die Nähe zum Krieg führte zu Angst und Besorgnis bei den Bürgerinnen und Bürgern. Wenn Maria Bäuml heute träumt, spielt der Krieg nach wie vor eine Rolle. „Momentan träume ich wieder sehr viel vom Krieg oder aber vom Tod - und ich komme nicht weg.“ Nach dem Krieg – 1947 – heiratete Maria. Ihr Mann Ludwig hatte den Krieg über-

13 "Haltet zusammen! Das ist mein Rat." lebt und arbeitete bei der Post. Sie war Hausfrau und Mutter. „Wir haben zum Bauen angefangen“, erzählt sie. Die Kinder mussten auf vieles verzichten. Seit 1949 wohnt sie in diesem Haus, wo sie auch ihre Kinder Elisabeth und Manfred groß zog. Was ihr in diesen Tagen noch besonders große Freude bereitet? Das sind ihre vier Urenkel im Alter von sechs Monaten, zwei, elf und dreizehn Jahren. Sie erzählt mit Stolz: „Emma spielt Klavier, Benedikt Ziehharmonika, wie mein Mann, der hatte auch eine Hohner!“ Wenn sie Musik hört, dann gerne Volksmusik. Auf dem Pfaffenhofener Volksfest war sie aber schon Jahre nicht mehr. Neben Enkelbesuchen freut sie sich über die kleinen Dinge, wie „Wer wird Millionär“ schauen und mitraten oder Kreuzworträtsel lösen. Früher habe ich viel im Garten gearbeitet und war gerne an der frischen Luft – das sei ihr Geheimnis für ein langes Leben. Und natürlich: Marmelade einkochen. „Das macht die Oma noch selbst“, sagt ihre Pflegerin Barbara, 75, die nun schon seit zehn Jahren im Haushalt mithilft und - neben der anderen Pflegerin Anja, Tochter Elisabeth und den drei Erwachsenen Enkeln - rund um die Uhr verfügbar ist. „Als sie das erste Mal da war, hab ich zu ihr gesagt, sie soll nicht so viel putzen. Das war schon komisch, wenn man plötzlich eine Fremde im Haus hat.“ Mittlerweile sind sie ein eingespieltes Team, ein Herz und eine Seele. „Die Oma ist noch fit im Kopf“, sagt sie. Und das stimmt. Man fühlt Klarheit, Humor und Wärme. Aber auch Müdigkeit. „Meine Hüfte macht nicht mehr mit“, sagt Maria. Sie geht kaum noch aus dem Haus. „Ich habe seit der Hochwasser-Katastrophe 2024 keine Rampe mehr vor der Tür. Die Stufen schaff ich nimmer.“ Ich merke im Gespräch, dass es nicht nur um die Rampe geht. Ihre Stimme wird leiser. „Es wird Zeit“, sagt sie. „Ich würde gerne sterben, aber ich kann nicht.“ Ein Satz, der sitzt. Ist der Wunsch einer alten Seele nach Frieden irgendwann so groß? Jedenfalls ist es für viele von uns unvorstellbar, irgendwann an diesen Punkt zu kommen. Ich frage sie, was das Schönste an ihrem Leben war oder vielleicht immer noch ist. Ihre Antwort kommt ohne Zögern: „Meine Familie, die Enkel und Urenkel.“ Und sie meint es so. Doch manchmal, sagt sie, entschuldigt sie sich bei ihrer Tochter. „Dass ich ihr noch zur Last falle, tut mir manchmal schon leid.“ „Dass ich die älteste Pfaffenhofenerin werde, das wollte ich gar nicht, das würde ich schon anderen zugestehen.“ Vor elf Jahren hatte Maria eine Herzoperation. Da war sie drei Tage auf Intensivstation und schon dem Himmel nah: „Alles war hell“, sagt sie. „Warum habt ihr mich nicht dort gelassen?“, fragte sie damals beim Aufwachen. Sie hat alles gesehen: Krieg und Wiederaufbau, Diktatur und Demokratie, Hunger und Wohlstand. Und sie erinnert uns noch einmal daran, was wirklich zählt: „Zusammenhalt,“ sagt sie. „Ihr müsst zusammenhalten. In der Familie und in der Gesellschaft. Im Krieg gibt es nur Verlierer. Frieden ist das wichtigste - und natürlich Gesundheit.“

14 espresso VON STEFANIE HERKER Als Kind habe ich davon geträumt, in die Vergangenheit reisen zu können. Meine Gedanken kreisten sich um eine magische Zeitmaschine, die mir einen Besuch bei den Dinosauriern oder den Alten Ägyptern ermöglichen würde. Und jetzt werden wir tatsächlich in die Zeit vor 100 Jahren zurückkatapultiert - und tun dabei so, als wäre es das Normalste der Welt. Wer jetzt noch glaubt, die CDU stehe "in der Mitte", sollte genauer hinhören und hinschauen. Denn das, was sie übernimmt, ist mehr als Sprache: Es sind Feindbilder, Narrative und politische Entscheidungen. Ein Blick auf das, was in den letzten Monaten geschehen ist und warum. Wenn einer eine Reise tut, hat er nicht nur viel zu erzählen, er hinterlässt auch einen großen CO2-Fußabdruck. Doch auch wenn wir nicht verreisen, ist die Spur der Verwüstung, die wir jeden Tag nach uns ziehen, enorm. Nur gut, dass die bayerische Staatsregierung jetzt diesbezüglich eine bahnbrechende Idee hat und auch unser Bundeskanzler in Sachen Klimaschutz nichts mehr von uns und der deutschen Wirtschaft erwartet. „Selbst wenn wir alle zusammen morgen am Tag klimaneutral wären in Deutschland, würde keine einzige Klimakatastrophe auf der Welt weniger geschehen, würde kein einziger Waldbrand weniger geschehen, würde keine einzige Überschwemmung in Texas weniger geschehen.“ - Friedrich Merz Friedrich Merz sagte kürzlich, wir – also Deutschland – würden mit „nur 2 Prozent aller CO2-Emmissionen und nur einem Prozent der Weltbevölkerung“ in der Klimakrise weltweit keine Rolle spielen. Fritzchen hat also ausgerechnet, dass er die Welt allein nicht retten wird und deswegen keinen Bock darauf hat. Dass bei der CO2-Bilanz auch der historische Kontext eine Rolle spielt - egal? Deutschland ist auf Platz vier der Länder mit den größten kumulierten CO2-Emissionen. Also das, was wir Deutschen an CO2-Emissionen über die Jahrzehnte rausgehauen haben, das den Klimawandel beschleunigt hat, wird kleingerechnet? Bezogen auf die aktuellen jährlichen Emissionen liegen wir im obereren Bereich der Top Ten. Deutschland ist drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Pro-Kopf-Emissionen sind viel zu hoch. Das wissen wir doch alle. Die Aussage von Merz ist so und so ein verheerendes Signal an alle anderen Länder, mit denen wir uns dem Klimaschutz verschrieben haben und die auf Deutschland blicken. So funktioniert globale Verantwortung nicht. Das Statement ist eine bodenlose Frechheit gegenüber Unternehmen, Menschen und Kommunen, die selbstständig grüne Ideen auf den Weg bringen. Und es ist eine Schande gegenüber jungen Menschen und folgenden Generationen. Die haben später nämlich nichts davon, wenn die Gastronomen jetzt etwas weniger Steuern zahlen. Es ist nicht das erste Mal, dass konservative Politiker die Bedeutung des Umweltschutzes herunterspielen oder Fakten komplett verdrehen. Es ist systematisch. Am liebsten tun sie das in Bierzelten. Nachdem 100 Milliarden Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds gewandert sind, darf man sich fragen, welche konkreten Auswirkungen es auf diesen haben wird, wenn eine Regierung in Sachen Klimaschutz öffentlich resigniert hat. Im Juni diesen Jahres wurde bekannt, dass die Regierung einen Teil dieser Mittel nun auch für andere Dinge nutzen will, u.a. für klimaschädliches Gas. Dank unserer Bundesregierung soll zudem das Fliegen bald wieder günstiger werden - im Gegensatz zur Bahn. Dann zweifelt Merz noch die Marktfähigkeit der E-Autos an, dabei sollte doch auch die Ladeinfrastruktur für Elektroautos verbessert werden. Unter konkreten Beispielen für die Verwendung der Gelder werden auch die Förderung von Windkraftanlagen genannt. Wir erinnern uns, Ende 2024 wünschte Merz sich den Abbau von Windrädern, "weil sie hässlich sind". Das sagte übrigens auch kürzlich Präsident Trump bei einem Besuch in Schottland ("sie ruinieren eure wunderschönen Felder" - Quelle: cnn). Na da sind wir ja in guter Gesellschaft! "Hurra, der Klimabericht brennt!" Getrieben vom Unmut setzt Bayern gleich noch einen drauf: Die bayerische Staatsregierung will den Klimabericht abschaffen. Der Grund: Bürokratieabbau. Moment mal?! Dachten wir bei dem Schlagwort "Bürokratieabbau" nicht eher an weniger Behördengänge und weniger Papierkram? Nein, damit wird´s wohl nix. Die bayerische Staatsregierung ließ sich wohl auch von Donald Trump inspirieren. Klimakrise? - abgeschafft. Dabei hat der Internationale Gerichtshof Ende Juli diesen Jahres bestätigt: Klimaschutz ist Menschenrecht. Klimaschutz zu verweigern, kann völkerrechtswidrig sein und Staaten, die sich nicht an das Klimaschutzabkommen halten, können dafür belangt werden. Pssst, ich bin mir sicher, da gibt es ein Schlupfloch! (Sie zwinkert Merz zu). Blinde Passagiere SIE HANDELN, ALS WÄRE ALLES VERHANDELBAR - KLIMA, VIELFALT, WAHRHEIT. WIE DIE CDU DER AFD UND TRUMP HINTERHEREIFERT. AUSSTEIGEN BITTE.

15 espresso Von Lügen und Fake-News Was kommt dann? Werden Bücher und Geld für Klima-Forschung verboten? So abwegig ist das alles mittlerweile nicht mehr. Der Rechtsruck ist weltweit spürbar, Machtspiele stehen an der Tagesordnung, Fake-News und Lügen werden zum unschlagbaren Instrument von Rechtspopulisten. Trump hat so seine Wahl gewonnen und Alice Weidel glänzt ebenfalls im Pinoccio-Style. Manchmal auch Friedrich Merz. Und das kann einem schon ein bisschen Angst machen. Denn eigentlich hat sich die CDU in ihrer Vergangenheit größtenteils auf korrektem Terrain bewegt. Vielleicht ist es Demenz, vielleicht Unwissen, vielleicht aber auch eine Marketingstrategie. Gezielte Desinformationskampagnen laufen längst auch bei uns: Wie im Fall der vorgeschlagenen Verfassungsrichterin Brosius-Gersdorf verzerren solche Kampagnen mit absichtlich gesetzten Falschinformationen die Wahrnehmung von Menschen und politischen Tatsachen. Das Ziel: Sabotage. Frauke Brosius-Gersdorf, eine kompetente, intelligente Frau - die die Rechte von Frauen hätte stärken können - war einigen aus der AfD und der CDU zu.. weiblich? fortschrittlich? viel? Angst vor Vielfalt fängt in dieser Männerdomäne schon beim Geschlecht an. "Lieber mal das Maul halten!" Dobrinth legte ihr in einem Interview sogar indirekt einen Verzicht der Position "aufgrund der Polarisierung der Bevölkerung" nahe. Diese "Polarisierung" fand aufgrund von Fake-News statt. Eine Entschuldigung wäre mehr als angemessen gewesen. Doch auch Markus Söder wünschte sich, dass sie zurückzieht und sogar Dorothee Bär findet unpassende Worte. Und dann melden sich zwei Männer zu Wort, von denen man es nicht erwartet hätte: Horst Seehofer gibt Merz und Söder Mitschuld am Debakel, Ex-CSU-Chef Huber rät Söder, Dobrinth und Bär nach der unberechtigten Kritik an Brosius-Gersdorf "mal das Maul zu halten" - endlich! Nach Wochen des Protests gegen das unsachgemäße Vorgehen, u.a. durch die Bevölkerung, rudert die CDU nun etwas zurück. Die SPD will an ihrer Kandidatin festhaltung. Man arbeite laut Kanzleramtschef Thorsten Frei an einer Lösung, die die erforderliche Mehrheit im Bundestag bekommen werde. Ganz klar: So eine Dreckskampagne darf sich nicht durchsetzen. Wenn es einmal funktioniert, funktioniert es wieder. Die neue Connection Trotz Hass und Hetze: Es scheint offensichtlich so, als würde die AfD von der CDU weit mehr toleriert werden, als die Linke. Dobrinth ist gegen ein AfD-Verbot, Jens Spahn wirbt dafür, die AfD wie jede andere Oppositions-Partei zu behandeln, während die Linken sich erst mal "ändern müssten, damit man reden kann!" Warum ist das so? Weil man mit Rechten besser "reden kann"? Wie wäre es damit: die recht erfolgreiche Rechtsaußen-Plattform "Nius" wird von IT-Millonär Frank Gotthardt finanziert, der mit seiner Firma CGM - einer der größten Anbieter von IT-Systemen für Arztpraxen, Kliniken und Apotheken - in Kontakt zu Spahn stand und dessen Firmennetzwerk von Anschaffungen in der Gesundheitspolitik enorm profitierte. Chefredakteur von Nius ist Julian Reichelt (ehem. BILD-Chefredakteur). Nius schaltete bei Google Werbung für Artikel, die sich gegen die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf richteten. Als wäre die Maskenaffäre von Jens Spahn und die verpassten Parteizahlungen nicht genug. Zahlreiche Menschen auf Social Media forderten bereits den Rücktritt Spahns und die Aufdeckung des vollständigen Sudhofs-Berichts. Vertagt. Wie man es schon von Trump kennt, lenkt jetzt auch die CDU den Fokus weg vom Geschehen, hin zu einem vermeintlich größeren Schauplatz: Robert Habeck.

16 espresso "Habecks gescheiterte Milliarden-Subventionen: Es braucht einen Untersuchungsausschuss!", postet die CSU und Martin Huber Ende Juli auf Instagram. Doppelmoral? by the way: Wir Bürgerinnen und Bürger haben diese gegenseitigen Schuldzuweisungen eigentlich ziemlich satt. Im Bundestag braucht es dringend ein paar gute Therapeuten. Die CDU tut so, als hätte sie nie regiert – und als müsse sie jetzt die Fehler der ‘anderen’ korrigieren. Markus Söder sagte in einem seiner Social-Media-Videos: "Wer hat die Wirtschaft in Deutschland fast ruiniert? - die Grünen!" - Markus Söder Seit 2000 war Söder mit der CDU/CSU 16 Jahre lang Teil der Bundesregierung, die Grünen hingegen hatten seit 2000 nur in insgesamt acht Jahren Regierungsbeteiligung. Auch wenn in Habecks Amtsperiode das BIP gefallen ist - was auch mit dem Krieg zu tun hatte - ist es primitiv, pauschal den Grünen die Schuld zu geben, während die CDU, die von Habeck geforderten Gelder blockierte, die sie dann im Nachhinein selbst auf den Weg brachte. Habeck war einer, dem man seine Kompetenzen ständig absprechen wollte. Auch beim "Heizungsgesetz" wollte man ihm Versagen in die Schuhe schieben, dabei war er es, der es mildern wollte und nicht wie die CDU darauf bestand, alte Heizungen komplett erneuern zu lassen. Außerdem: Wir müssen Wirtschaft neu denken. Das BIP zu feiern, egal unter welchen Bedingungen es entsteht, ist veraltet. Die Erde hat nicht unendlich viele Ressourcen. Wir sollten doch eigentlich ein bisschen schlauer sein wie noch vor 50 Jahren. Neue Wege, der Ausbau erneuerbarer Energien ist gefragt. Und da sind sich auch Experten einig, dass Habeck sehr gute Arbeit geleistet hat, den Ausbau erneuerbarer Energien stark zu beschleunigen. "Bereit, dein Land zu verteidigen - ja oder nein?!" Doch anstatt über eneuerbare Energien wird jetzt über Aufrüstung gesprochen. Ein trauriger Haufen alter weißer Männer hat sich in unserer Regierung zusammengesellt. Ein paar Parteisoldatinnen stehen daneben. Und weil Merz jetzt das "stärkste Militär Europas" will, wird jetzt sogar im Kinderfernsehen das Kriegsszenario durchgespielt. Ja, im ZDF wurde in einer Juli-Ausgabe von "logo!" (www.logo.de) - das ist eine Sendung für Kinder - das Thema Wehrpflicht unter dem Titel "Bereit, dein Land zu verteidigen - ja oder nein?!" propagiert. Die Jugendlichen antworten auf kuriose Fragen des Moderators wie "Wenn ihr es nicht machen wollt, wer soll es dann machen?". Mein vierjähriger Sohn sagt kurze Zeit später zu mir: "Mama, ich wäre auch gern ein Mädchen." Ich frage "warum?" und er antwortet: "weil ich dann nicht im Krieg kämpfen muss." Es tat mir unendlich leid, ich habe ihn beruhigt und habe gesagt: keine Sorge, du musst nicht kämpfen. Und ich lass dich auch gar nicht. Wer nicht an der Front sein wird, wenn es soweit kommt, wissen wir doch schon jetzt. Also, wie wäre es, wenn wir einfach alle im Bett blieben? In einem Interview wurde Ursula von der Leyen gefragt, was sie sagen würde, wenn einer ihrer Söhne zur Bundeswehr in einen Auslandseinsatz geschickt werden würde. Sie sagte, sie würde genauso bangen wie jede andere Mutter (..). Als die Moderatorin dann fragt, ob denn einer ihrer Söhne bei der Bundeswehr ist oder gewesen wäre, lacht sie schallend laut: "nein". Die Reihe an unangemessenen Darbietungen in der Politik ist in dieser Zeit nicht mehr zu überbieten. Würde man meinen. Doch dann kommt Julia Klöckner. „Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht AfD wählen – bei uns gibt’s eine konservative Lösung.“ - Julia Klöckner Wer will die CDU sein? Das neue Ziel: mit rechtskonservativer Politik AfD-Wähler zu überzeugen, dass es auch einen "Mittelweg" gibt. Doch die Mitte ist sie nicht mehr. Umfragen zeigen, dass sie Prozente verlieren, während die AfD dazugewinnt. Die AfD hat nämlich keine Wähler, die sich mit Politik und Inhalten genau auseinandersetzen, die AfD hat eingefleischte Fans - mit Kollektiv- gefühl, das durch die gemeinsame Abwertung anderer entsteht. Und jede Gegenrede verstärkt das Gefühl: Nur wir haben es verstanden, jetzt erst recht. Die Wählerinnen und Wähler der AfD mit populistischen Phrasen abgreifen zu wollen und Politik nach Hass und Hetze zu gestalten, ist deshalb entweder hilflos und unkreativ oder die Idee von Machtbesessenen, die nach dem Vorbild Amerikas Demokratie und Gleichheit ebenfalls abschaffen wollen. Bestimmt gibt es unter den AfD-Wählern auch einige, die nicht rechtsextrem sind, sondern nur Rechtsextremen die Macht übertragen wollen. Von dieser Politik braucht die Welt aber nicht noch mehr. Die Parallelen zwischen unserem politischen Alltag und der Politik Trumps in den USA werden immer deutlicher: Trump erschwert mit der "Big Beautiful Bill" ärmeren Haushalten den Zugang zur Krankenversicherung und schiebt die Steuererleichterungen von unten nach oben. Das verteidigt er mit: "Die Leute werden es nicht merken, die sind glücklich." Eigentlich müsste der Aufschrei viel größer sein. AfD-Höcke bezeichnete Inklusion als "Irrweg". Solche Projekte müssten abgeschafft werden. Das heißt: Behinderte Menschen wollen wir nicht sehen. Auch Merz sagte, die Sozialleistungen für Behinderte und in der Jugenhilfe müssten gekürzt werden, "weil sie so nicht tragbar sind". Gleichzeitig ist es aber möglich, die Diäten im Bundestag um 600 Euro p.P. im Monat zu erhöhen. Und eine Vermögenssteuer soll es auch nicht geben. Das wäre laut Merz verfassungswidrig, "weil jede Form einer Vermögenssteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt", sagte er im ARD-Sommerinterview. Falsch! Im Artikel 106 des Grundgesetzes ist sie explizit als mögliche Steuereinnahmequelle genannt. Eine Mehrheit der Deutschen ist laut einer Forsa-Umfrage aus 2024 für eine Vermögensteuer. Kein Wunder, denn betroffen wären auch nur die oberen ein bis zwei Prozent der Bevölkerung, die immerhin insgesamt rund ein Drittel des gesamten Vermögens im Land besitzen. Naja, soziale Gerechtigkeit wird überbewertet - #linksversifft. Somewhere over the Bundestag Neben Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit stellt die Regenbogenflagge eine ernstzunehmende Gefahr da - für Trump, die AfD und nun auch für die CDU! Welches Trauma muss man eigentlich durchlebt haben, wenn man als Erwachsener Probleme mit Regenbogenflaggen hat? Im Ernst. Verschluckten sich diejenigen als Kind an bunten Bonbons - Sauerstoffmangel? Zuerst diskriminiert Merz die queere Community mit dem Ausdruck der Bundestag wäre "kein Zirkuszelt" - Spoiler: Er ist es - dann kommt auch noch die Bundespolizei, weil die Regenbogenflaggen auch aus den Büros der Abgeordneten verschwinden müssen. Anstecker sind jetzt auch verboten. Sind bunte Textmarker, die nebeneinander liegen, auch verboten?

17 espresso extreme beschäftigt sind und darauf warten, die Demokratie abzuschaffen? Hey Leute, es wird Zeit, dass die CDU/ CSU Protest aus den eigenen Reihen bekommt! Die Kommunen und Städte leisten teilweise unabhäng von der Partei Großartiges vor Ort für Vereine, machen ehrenamtliche Arbeit usw., dennoch sollte jeder so mutig sein und seine Gedanken oder Kritik loswerden dürfen, wenn sich etwas radikal verändert. Ich bin mir sicher, dass ganz viele nicht hinter diesem Kurs der CDU/CSU stehen. Und wo ist eigentlich die SPD? Sie will nicht wieder streiten müssen. Ist lieber leise. Zu leise. Der Berliner CDU-Bürgermeister Kai Wegner hat sich getraut: Er setzte ein Zeichen gegen Merz`Politik, indem er sich mit Shirt zeigte, auf dem Merz als Clown und der Bundestag mit Regenbogenflagge und als Zirkus dargestellt wird. In einer Welt voller Möglichkeiten ist Vielfalt keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung - so wie in der Tier- und Pflanzenwelt. Ein Bundeskanzler der Zukunft ist für alle da - mit positiven Zielen im Gepäck, ohne das Instrument der Angst und Hetze. Veränderung ist immer Chance. Verantwortung und nicht Machtmissbrauch. Die Welt ist bunt, vernetzt, herausfordernd. Und dringend auf mutige Politik angewiesen. Merz und Konsorten sind es nicht. Ich erinnere mich an das Gespräch mit Maria Bäuml, der ältesten Pfaffenhofenerin mit 104 Jahren. Ein Zitat von ihrer Mutter, das sie mir anvertraut hat, bleibt mir vor allem im Kopf. Sie sagte zum Vater während der SS-Zeit: "Du musst still sein. Du hast eine Familie und Kinder. Sonst stecken sie dich nach Dachau.“ Ein Satz, der heute warnen sollte. Nicht, weil wir im gleichen System leben. Aber weil das Muster zu erkennen ist: Stillhalten aus Angst. Wegsehen aus Pragmatismus. Mitlaufen, weil Widerstand unbequem ist. Wer heute nicht aufsteht, wenn Hilfen gestrichen, Identitäten verboten, Armut verwaltet und Klima kleingerechnet wird, der wird morgen vielleicht fragen: „Wie konnte es so weit kommen?“ Es ist wie eine Reise mit blinden Passagieren am Steuer. Wir alle sitzen drin. Höchste Zeit, aufzustehen, den Kurs zu hinterfragen, bevor die Maschine abst...- baaang!!! Wie sieht es mit bunten Blumentöpfen am Fenster der Abgeordneten aus? Wir brauchen Sichtbarkeit für Vielfalt und Menschenrechte in diesen Zeiten, in denen sogar Kinder schon Nazi-Parolen grölen und queerfeindliche Straftaten jährlich steigen. Was gerade passiert, ist eine Verschiebung von "Gut und Böse". Wie kann es sein, dass man queere Menschen, die sich jahrelang ihre Rechte erkämpfen mussten, plötzlich wieder unsichtbar machen möchte? Warum werden Menschen, die sich für eine lebenswerte Zukunft im Interesse aller und nicht nur Einzelner einsetzen, eingesperrt ("Klimakleber") oder ihnen ein Job verweigert, während im Bundestag gesichert Rechts- Auf Instagram gibt es die Bewegung @frauen.gegen.merz mit über 114.000 Followern, zu denen auch Männer gehören. Fotos: KI

10 espresso Welcome to ALGERYA Gerhard "Gery" Liebchen hat es schon wieder getan. In seinem neuesten Abenteuer spürt der Lentinger jahrtausendealte Höhlenmalereien in der algerischen Wüste auf.

19 espresso Aufmerksame espresso-Leser:innen kennen Gery bereits. 2022 tourte er zu Fuß durch die glühend heiße Sahara, ein Jahr später kämpfte er auf einer einsameln Insel vor der Küste Panamas ums Überleben. Pauschalreisen kommen dem 31-Jährigen nicht in die Tüte. Gery liebt das Abenteuer. In diesem Jahr zog es ihn zurück in die Wüste. Genauer gesagt zu einem sagenumwobenen Ort voller Mysterien: Tassili n'Ajjer. Doch bevor wir Gery dorthin folgen, landen wir erst gemeinsam in Algier, der Hauptstadt Algeriens. Das erste, das ihm dort auffällt: der Verkehr läuft sehr viel geordneter ab als im Nachbarstaat Marokko („Offiziel zwei Spuren, inoffiziell vier.“). In Marokko war Fotos: Gerhard Liebchen, Bernd Kaltenhäuser

1 espresso 12 der Lentinger für sein erstes Wüstenabenteuer (2022) unterwegs. „Algerien habe ich verschlossener als Marokko erlebt“, sagt er. Heißt: Strengere Visabestimmungen, nicht ganz so offen für Tourismus und insgesamt etwas konservativer. Die Architektur Algiers ist geprägt von einer Vielzahl von Einflüssen, erklärt der 31-Jährige, darunter maurische, französische (bedingt durch die lange Kolonialherrschaft) und römische. Das große Abenteuer ist in Algier aber nicht zu finden, dafür geht es erst einmal per Inlandsflug 1.000 km weiter Richtung Süden in die Oasenstadt Djanet. Hier sind wir schon ganz nah dran an einem der mystischsten Orte der Welt. Tassili n’Ajjer, eine 500 Kilometer lange Gebirgskette in der Sahara im Südosten Algeriens. Darin verborgen: Ein Felsenlabyrinth mit mehr als 15.000 erfassten Höhlenmalereien. Einige davon über 10.000 Jahre alt. Bevor wir uns aber dort hineinwagen, bleiben wir noch ein wenig in Djanet. „Liest man sich die Warnungen des Auswärtigen Amtes über Algerien durch, bleibt man lieber daheim“, sagt Gery. Tatsächlich wurde in Djanet im vergangenen Jahr eine schweizer Touristin getötet. Sie war für eine Kamel-Safari durch die Wüste dort. „Geht man als weißer Tourist über den Markt, folgen einem Polizisten überall hin“, erinnert sich der Abenteurer. „Das ist natürlich schon ungewohnt.“ In Djanet trifft Gery auf seine restlichen Weggefährten. Denn auch dieses Abenteuer muss er nicht alleine überstehen. Dazu ein Guide des Reiseanbieters und – unerlässlich – Tuaregs, die die lebensfeindliche Region wie ihre Westentasche kennen. Gemeinsam geht es nun weg von Djanet und hinein in eine unwirtliche Welt, die den allermeisten Menschen für immer verborgen bleiben wird. Am Startpunkt angekommen heißt es: Raus aus dem Jeep. Das einzige Reisemittel für die nächsten neun Tage sind jetzt nur noch die eigenen Füße. Die Gebirgskette Tassili n’Ajjer besteht großteils aus Sandstein. Durch Erosion entstehen spektakuläre Gesteinsformationen. In den Köpfen malen sich die Abenteurer bereits das Felsenlabyrinth aus. Dafür müssen sie aber an Tag 2 erstmal einen Aufstieg von 400 Höhenmetern über wackliges Geröll inklusive 25 Kilometer Gewaltmarsch mit 26 Kilogramm Gepäck überstehen. Denn das Labyrinth mit seinen verzweigten Canyons liegt auf einem Plateau und der Weg dorthin ist nunmal wüstentypisch. Steinig und schwer. „Alle paar Meter lagen tote Skelette von Kamelen oder Eseln. Da wird einem klar: Wer hier stolpert und sich das Bein bricht, stirbt.“ Es ist eine der lebensfeindlichsten Regionen der Welt. Wie lebensfeindlich, spürt Gery am nächsten Tag am eigenen Leib. „Am Prähistorische Gräber sind als runde Hügelgräber auszumachen. So manche Zeichnung erinnert an den Film "Alien vs. Predator". Gebetspause für den Tuareg. Vor tausenden Jahren war man hier noch mit dem Boot unterwegs. Abdrücke von Kinderhänden. Verschnaufpause im Wüstenlabyrinth.

21 Ende des zweiten Tages habe ich trotz der enormen Belastung vor Erschöpfung fast keinen Schlaf gefunden. Dann machte mein Immunsystem komplett zu.“ Der nächste Morgen war für Gery die Hölle auf Erden. Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Übelkeit und Schüttelfrost. Dazu die schier ausweglose Lage mitten im Nirgendwo. „Du kannst ja nicht wie daheim einfach im Bett liegen bleiben und eine Ibuprofen nehmen. Du bist an einem Ort, an dem dir niemand helfen kann. Ich dachte: Das war’s jetzt.“ Zurückbleiben aber ist keine Option. 15 Kilometer Fußmarsch stehen auf dem Tagesprogramm. Wohlgemerkt bei Temperaturen um die 40 Grad. „Du blickst in die Unendlichkeit. Kein Fels, kein Baum, kein Schatten. Da bin ich psychisch eingeknickt. An dieser Stelle ein großer Dank an Isi, die mich mit ihrem Pep Talk unterstützt hat und an alle anderen Teammitglieder, die mir Teile meines Gepäcks abnahmen.“ Zum Glück kriegt Gerys Körper die Kurve. „An Tag 5 bin ich aufgewacht und es ging mir prächtig“, lacht er. „Die Eindrücke in diesem Teil der Erde sind aber unbezahlbar. Ich würde es wieder machen, selbst wenn ich wieder so krank werden würde.“ Besonders angetan haben es ihm die surralen Gesteinsformationen. „Ab einem gewissen Punkt dachte ich mir, es sieht so aus, als hätte Salvador Dali diese Wüste gemalt.“ Formen, Strukturen und die riesigen Steinbögen erinnern ihn an die Werke des Künstlers. Auch aus dem Team schöpft Gery die nötige Motivation für die Strapazen. „Wir hatten ein sehr interdisziplinäres Team. Ein Radiologe, ein Jurist, ein Wildtierhüter, zwei Biologen, eine Landschaftsgärtnerin, ein Professor für Technologiemanagement (der auch einige der hier gezeigten Fotos gemacht hat, Anm.) und eine Polizistin“, zählt der Azubi-Beauftragte in der Audi-Gießerei auf. „Es gab im Prinzip keine Frage während der gesamten Tour, die nicht irgendwer beantworten konnte.“ Obwohl, so ganz stimmt das nicht. Denn am Ziel angekommen, dem Felsenlabyrinth mit den tausenden Höhlenmalereien, tun sich jede Menge Fragen auf, die die Menschheit wohl nie zur Gänze klären können wird. Klar ist nur: Diese Region muss früher einmal sehr viel fruchtbarer gewesen sein als heutzutage. Savanne statt Wüste. Unter anderem Zeichnungen von Giraffen, die es hier schon lange nicht mehr gibt, zeugen davon. Besonders faszinierend: „Du bist tausende Kilometer vom Meer entfernt. Mitten in der Wüste. Es gibt quasi keinen Tropfen Wasser. 400 Höhenmeter mussten auf diesem Terrain bewältigt werden. Sandviper

espresso Anzeige 22 Und dann siehst du plötzlich an der Wand ein Boot! Ich finde es bis heute spannend, darüber nachzudenken.“ Rinderherden und Kriegszenen, die sich oft überer mehrere Meter an der Felswand erstrecken, sind ebenso zu finden. Die Zeichnungen zu datieren ist selbst mit wissenschaftlichen Methoden sehr schwer bis unmöglich. Wahrscheinlich entstanden sie zwischen 12.000 und 1.000 v. Chr. Immer wieder kommt es vor, dass zwischen zwei nebeneinander liegenden Zeichnungen tausende Jahre liegen. Manche der Malereien lassen sich nur schwer deuten, regen dafür aber umso intensiver die Phantasie der Abenteurer an. Sind es Schamanen oder Gottheiten? „Manche der Figuren wirken gar wie aus dem Hollywoodfilm ‚Alien vs. Predator‘“, lacht Gery. Stundenlang philosophiert die Gruppe so vor sich hin. „Es gab aber zwei große Epochen, die Rundkopf- und die Strichkopfperiode, durch die die zeitliche Einordnung leichter fällt“, erklärt der Lentinger. Und: „Je mehr Details die Zeichnungen haben, desto älter sind sie.“ Die Zeichnungen sind nur deshalb noch erhalten, weil sie über tausende Jahre vor der Witterung geschützt lagen. „Eine Theorie ist, dass die ganzen Canyons ausgesehen haben wie die Berliner U-Bahn“, so Gery. Irgendwie ist es doch auch romantisch, dass uns immer noch einige Eigenheiten mit unseren Vorfahren verbinden: „Der Mensch hatte schon immer den Drang, sich irgendwo zu verewigen. Vor 10.000 Jahren genauso wie jetzt.“ Besonders witzig: „Die obszönen Bilder waren immer ein wenig versteckt. Da musste man den Kopf schon ein bisschen verdrehen.“ Prähistorische Jugendschutzmaßnahmen. „Der Plan war, alle Malereien, die wir finden, zu fotografieren, mit einem Geo-Tag zu versehen und einzukategorisieren. Am Ende des Tages haben wir sie an die UNESCO geschickt“, erklärt Gery. Tassili n'Ajjer ist sowohl Weltkultur- als auch Weltnaturerbe der UNESCO. So gehen die Tage dahin. 5 Grad nachts, 40 Grad am Tag. Jeden Tag ein weiterer Marsch. Und Couscous. Viel Couscous. „Ich kann ihn bis heute nicht mehr sehen.“ Gery verzieht das Gesicht. Mittags und abends gibt es ihn. Hineingemischt Rosinen, Erdnüsse, Käse und Trockenfleisch. In der Wüste nimmt man eben, was man hat. Auch sonst war die Nahrung knapp bemessen. 1 Tüte Datteln, 1 Tüte Oliven, 2 Tütensuppen, 1 Tüte Kartoffelbreipulver und Haferflocken. Das war aber nicht das einzige, was die Abenteurer zwischen die Zähne bekamen: „Du kannst die Windstärke am Knirschgefühl zwischen deinen Zähnen abschätzen“, lacht er. Der Sand, ein ewiger Begleiter. Wegen der wasserspeichernden Eigenschaften des Sandsteins ist die Vegetation hier etwas reicher als in der umliegenden Wüste. „Auch die starke Regensaison im Vorjahr hat die Vegetation beflügelt“, oben: Das "Monument der Märtyrer" überragt Algier. Es ist den Gefallenen im algerischen Befreiungskrieg gewidmet. Algerien stand 132 Jahre unter französischer Kolonialherrschaft. Gut zu erkennen: die Rinderherde erstreckt sich über mehrere Meter an der Felswand. Weltweit bekannt wurden die Felsmalereien durch die beiden französischen Archäologen Henri Breuil und Henri Lhote. von links: Gerhard Liebchen mit zwei Tuaregs. Höhlenzeichnung eines Wolfs. Oasenstadt Djanet. Die viereckigen Zeichnungen stehen jeweils für ein Heim.

25 erklärt Gery. Das kommt dem Hobbybotaniker ganz gelegen. Die Pflanzen fotografiert er, um sie später bestimmen zu können. Einen wunderschön blühenden Oleander (s. Seite 19) erkennt er aber auch so. Himmlisch: Ein Akazienbusch verströmt mitten im sandigen Nirgendwo einen unverkennbaren Duft. Auch einige Tiere haben sich an das Klima angepasst. Auf Schlangen, Spinnen, Heuschrecken, Eidechsen und sogar eine Gottesanbeterin trifft die Gruppe: Sie halten es selbst bei widrigsten Temperaturen aus. Auf einen alten Bekannten aus der marokkanischen Wüste trifft Gery ebenfalls: die Ruhe. Kein Industrielärm, kein Verkehr. Nichts. „Die Abgeschiedenheit des Ortes lässt sich auch daran erkennen, wie viel Müll herumliegt. Hier lag so gut wie keiner. Etwas besonderes, aber auch traurig, wenn man darüber nachdenkt.“ Ebenfalls besonders: Die Mondsichel lag fast waagerecht am Nachthimmel – nicht senkrecht wie in Deutschland. Das spiegelt sich auch auf so mancher Flagge muslimisch geprägter Länder wider (auch wenn die Mondsichel auf der algerischen Flagge tatsächlich senkrecht steht). Was für die einen ein großes Abenteuer ist, ist für andere bitterer Überlebenskampf. Auch daran sei in Zeiten wachsender Fremdenfeindlichkeit erinnert. „Wir wurden darauf hingewiesen, dass das Gebiet Teil einer Flüchtlingsroute ist. Es ist heftig zu sehen, wie hart Fluchtrouten sein können. Für mich war es eine Horrorvorstellung, hier durch zu müssen, in der Hoffnung, irgendwann mal in Europa anzukommen.“ Ein Perspektivwechsel, den viele in diesem Land nicht mehr hinbekommen. Im reichen Europa geboren worden zu sein war schließlich nur eines: Glück. Sein nächstes Abenteuer sollte Gery eigentlich in die Mongolei führen. Als er aber von der Pioniertour in die algerische Wüste erfuhr, war er sofort Feuer und Flamme. „Ich würde jederzeit wieder in die Wüste gehen“, schwärmt er. Jedes seiner drei Abenteuer hat Gery auf seiner Haut verewigt. Eine Höhlenmalerei aus Algerien ziert seit kurzem seinen Arm. Ob er es bald in die Mongolei schafft oder erneut die Wüste nach ihm ruft? Auf Gerys Instagramkanal @scapeandfight erfahren Sie es als Erste. Pfeilspitzen und Tonscherben findet man häufig Blick über Algier Wasserloch mit Regenwasser aus dem letzten Jahr Gewöhnungsbedürftig: die Tuareg kochen Grünen oder Schwarzen Tee bis zur maximalen Bitterkeit. Dann kommt so viel Zucker hinein, dass fast eine Art Sirup entsteht. oben zu erspähen: Das Ziel. Das Wüstenlabyrinth mit den darin liegenden Höhlenmalereien. Unsere Leistungen: - komplette Bandbreite der Zahnmedizin - Spezialisierung auf Implantologie und Ästhetik - hochwertige Wurzelbehandlung unter Dentalmikroskop - einfühlsame Behandlung auch von Angstpatienten unter Dämmerschlaf bzw. Sedierung Vereinbaren Sie gleich einen Termin: Löwenstraße 15 85276 Pfaffenhofen an der Ilm Tel. 08441 859 2225 info@zahnmedizin-loewenbrunnen.de www.zahnmedizin-loewenbrunnen.de Seit März 2023 liegt unserem jungen und dynamischen Team sehr am Herzen, Zahnmedizin auf höchstem Niveau und nach dem neuesten Stand der Technik, in einer angenehmen Atmosphäre anzubieten. Dazu gehört für uns auch, dass sich unsere Patienten in unseren Praxisräumen wohlfühlen. Unser Anspruch ist Ihr schönstes Lächeln! IHR ZAHNARZT IN PFAFFENHOFEN Dr. med. dent. Florian Beck

10 espresso PARADIESE MIT MATTHIAS SCHWARK DURCH SCHOTTLAND & NORWEGEN NATUR Efjord, Norwegen

25 espresso ZWISCHEN FJORD & HIGHLANDS. Zwei Menschen, zwei Länder, drei Monate Zeit. Der Neuburger Fotograf Matthias Schwark reist mit seiner Verlobten Evelyn quer durch Schottland und Norwegen. Grüne Hügellandschaften, geheimnisvolle Lochs, alte Burgruinen und nebelverhangene Täler auf der einen Seite, tiefblaue Fjorde, steile Berghänge und schier endlose Wälder auf der anderen. Tauchen Sie mit ein in eine raue, unberührte Natur. Blick auf den Old Man of Storr, eine 48 Meter hohe Felsnadel aus Basalt Isle of Skye, Schottland

espresso Kvalvika Bucht, Lofoten, Norwegen

27 espresso Matthias Schwark ist mitten in Norwegen, als dieser Beitrag entsteht - und er wird es auch noch bis Ende August bleiben. Doch begonnen hat seine dreimonatige Auszeit vom Alltag in einem anderen Land: Schottland. Genauer gesagt auf dem West Highland Way. Von Milngavie bei Glasgow bis nach Fort William führt der 154 Kilometer lange Fernwanderweg. Der Weg bringt Matthias und seine Verlobte in acht Etappen durch sattgrüne Highlands, vorbei an Schottlands größtem Süßwassersee, dem Loch Lomond, und endet unweit des höchsten Bergs Schottlands, dem Ben Nevis. Neben der wundervollen Landschaft haben vor allem die Schotten selbst einen bleibenden Eindruck bei Matthias hinterlassen. „Die Menschen dort sind extrem nett und hilfsbereit. Da hat wirklich niemand schlechte Laune! Viele suchen von sich aus das Gespräch, und so entstehen oft lustige und interessante Begegnungen“, erzählt er. Übernachtet haben sie in Unterkünften entlang des West Highland Ways. „Alle waren durchweg schön. Nach einem Wandertag fühlt sich aber jedes Bett an wie der siebte Himmel“, lacht der 34-Jährige. Wer an Schottland denkt, hat dabei vermutlich auch recht bald Haggis vor Augen. Der mit Herz, Leber, Lunge, Nierenfett, Hafermehl und Zwiebeln gefüllte Schafsmagen ist eine Spezialität der schottischen Küche. Man muss wohl kein Vegetarier sein, um dieses Gericht zu verschmähen, aber Matthias ist eben genau das: „Das macht es in Schottland manchmal schwierig, weil viele Nationalgerichte auf Fleisch basieren. Aber trotzdem: Es war nie ein Problem, gutes vegetarisches Essen zu finden.“ Die Highlands wirken wild und zeitlos. Nebelverhangene Täler und die Weite der Natur vermitteln ein Gefühl von Freiheit. Besonders Glen Coe beeindruckt Matthias. Aber nicht nur ihn. Mehrere bekannte Filme wurden in diesem malerischen Tal (oder in Blick vom Berg Ryten, Norwegen Buarbreen Gletscher, Norwegen Seeadler Rentiere

12 der Nähe) gedreht, u.a. Highlander, Brave- heart, James Bond „Skyfall“ und Harry Potter „Der Gefangene von Askaban“. Ein weiteres Highlight: Die Isle of Skye, eine Insel vor der Westküste Schottlands. „Es war schon länger unser Plan, eine längere Reise zu machen. Als mein Arbeitgeber das genehmigt hat, war klar: Jetzt oder nie. Wir haben schon viele Orte bereist, deshalb war es gar nicht so leicht, ein neues Ziel zu finden. Am Ende fiel die Wahl auf Nordeuropa“, erklärt Matthias. „Besonders Norwegen hat uns gereizt, weil dort das Jedermannsrecht gilt – man darf also fast überall in der Natur übernachten.“ Zwischen Schottland und Norwegen lag ein kurzer Zwischenstopp in Deutschland. „Wir haben einen Camper gemietet“, so der Neuburger. Ab Hamburg ging es nach Dänemark und dort ab Hirtshals mit Junkerdalen Nationalpark, Norwegen Papageientaucher Preikestolen; der für Fotomotive beliebte Felsvorsprung bietet einen herrlichen Blick auf den Lysefjord Marmorslottet, bizarre Marmorformationen Morpheus Beach, Lofoten NORWEGEN

29 espresso der Fähre nach Kristiansand in Norwegen. Wie man an Matthias‘ Aufnahmen unschwer erkennen kann, ist das Königreich ein absolutes Naturparadies. „Der Jotunheimen-Nationalpark ist ein Highlight – das Land der Riesen. Diese Weite!“, schwärmt Matthias. Die beeindruckende Bergregion ist für ihre hohen Gipfel, Gletscher und tiefen Seen bekannt. „Und dazu noch Rentiere!“ Dazu muss man wissen: Matthias Schwark ist leidenschaftlicher Tierfotograf. Erst im vergangenen Monat zeigten wir ein paar seiner Aufnahme aus der Region Neuburg in unserem Magazin. Jetzt also hat er Tiere vor der Linse, auf die man in der bayerischen Wildnis eher nicht trifft. Neben Rentieren u.a. auch noch putzige Papageientaucher. Nur für wenige Monate sind sie an Land, um zu brüten. Dann geht es wieder zurück aufs Wasser. Geschlafen wird dann auf den Wellen im Nordatlantik. Die Stille der Natur, kombiniert mit den charmanten, farbenfrohen Fischerdörfern, macht Norwegen zu einem einzigartigen Ort. „In Norwegen haben wir uns mit einem Freund getroffen, der ein Fischerboot besitzt. Er hat uns mitgenommen und wir sind durch die Fjorde bei Saltstraumen gefahren – das war ein unvergessliches Erlebnis“, sagt Matthias. „Auch der Lysefjord ist sehr sehenswert!“. Bis hoch in den Norden zu den Lofoten geht es für die beiden. Dann wieder Richtung Süden – vielleicht auch noch mit einem Abstecher nach Schweden. „Mal schauen“, lacht Matthias. Eine Reise bietet immer auch Gelegenheit zur Reflexion. Über das, was man sieht, aber auch über sich selbst. Matthias zeigt wunderschöne Naturaufnahmen. Wird einem dabei erneut bewusst, wie wertvoll und schützenswert unser Planet ist? „Total. Reisen ist für mich in dieser Hinsicht echt ambivalent. Man will die Schönheit der Welt sehen, trägt aber durch das Fliegen und Herumfahren selbst zur Belastung bei. An vielen Orten wird der Massentourismus zum Problem – Natur- und Schutzgebiete leiden darunter. Deshalb: Respektvoller Umgang mit der Natur ist das A und O“, sagt Matthias. Er sieht hier ohnehin einen anderen Umgang mit der Natur. “In beiden Ländern gibt es riesige Gebiete, in denen Natur einfach Natur sein darf. Das fehlt uns in Deutschland leider vielerorts.“ Und: „Beide Länder wirken viel ruhiger als Deutschland. Die Bevölkerungsdichte ist niedriger, und es gibt viele Orte, an denen man stundenlang niemandem begegnet – das ist bei uns eher selten.“ Matthias empfiehlt, wenn möglich, länger zu verreisen, „das ist intensiver und nachhaltiger. Wer gerne wandert und campt, ist in Schottland, Schweden oder Norwegen genau richtig – dort gibt’s die besten Voraussetzungen. Und wer Natur liebt: Island ist einfach ein Traum – da ist jede Ecke ein Postkartenmotiv!“ Viele Länder hat Matthias schon gesehen, könnte er sich auch das Auswandern vorstellen? „Ja, das hatte ich vor Jahren in Neuseeland. Auch da war ich drei Monate unterwegs. Die Herzlichkeit der Menschen, der respektvolle Umgang mit der Natur!“ Es muss aber natürlich nicht immer die große weite Welt sein. „Man kann auch in Deutschland sehr gut reisen. Wir haben so viele unentdeckte Schätze und man braucht oft gar nicht weit weg, um einen tollen Urlaub zu haben!“ Folgen Sie Matthias auf seiner Re i se IG @schwark_matthias SCHOTTLAND

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